Gerührt war er, der Präsident. Heinz Fischer sagte zum Abschied Lebewohl, dann war er weg. Die Abgeordneten dankten ihm die lange Zeit im Parlament mit Standingovations, die Klubobleute überschütteten ihn mit Lob.

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Wien - Heinz Fischer wird am 8. Juli als Bundespräsident angelobt. Am Mittwoch legte er sein Nationalratsmandat nieder und sagte nach 42 Jahren im Parlament Lebewohl. Er war 1962 als Klubsekretär ins Hohe Haus gekommen. Seit 1971 war er fast durchgehend Nationalratsabgeordneter, unterbrochen nur von dreieinhalb Jahren als Wissenschaftsminister der rot-blauen Koalition Mitte der 80er-Jahre, und zwölf Jahre lang Nationalratspräsident. Seit 2002 war Fischer Zweiter Nationalratspräsident.

In seiner durchaus launigen Abschiedsrede erinnerte Fischer daran, dass er an nicht weniger als 1331 Plenarsitzungen teilgenommen habe. In dieser Zeit habe er 844 Abgeordnete kommen und gehen gesehen. Höhepunkte und Tiefpunkte habe er in den Jahren erlebt, Stärken und Schwächen beobachtet, auf vieles sei er stolz, manches würde er lieber aus den Annalen des Parlamentarismus streichen - aber insgesamt sei er zum "begeisterten und überzeugten" Parlamentarier geworden.

Ausdrücklich warb der scheidende Nationalratspräsident für Toleranz. Jeder Regierung müsse man zubilligen, auf ihre Art das Beste für Österreich zu versuchen, und jeder Opposition sollte man zubilligen, auch dann eine für die Demokratie unverzichtbare Aufgabe zu erfüllen, wenn Vorstellungen vertreten werden, die von der Regierungspolitik abweichen.

Nach seinem Lebewohl erhob sich das gesammelte Plenum, um Fischer mit Standingovations aus dem Parlament zu verabschieden. Auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Hubert Gorbach waren anwesend.

ÖVP-Klubchef Wilhelm Molterer hielt Fischer zugute, dass er ein "Vollblutparlamentarier" gewesen sei, dem die Würde des Hauses immer ein persönliches Anliegen gewesen sei. Fischer sei stets um eine objektive Vorsitzführung bemüht gewesen und habe das Parlament in besonderer Weise geprägt, "dafür sagen wir Danke".

Für die SPÖ trat Parteichef Alfred Gusenbauer ans Rednerpult. Fischer sei "so etwas wie der Inbegriff des Parlaments" geworden. "Auch wenn seine Rolle in Zukunft eine neue sein wird: Ich glaube, sein Herz wird weiterhin für den Parlamentarismus schlagen."

FPÖ versöhnlich

FP-Klubobmann Herbert Scheibner, der manchen Strauß mit Fischer auszufechten hatte, verwies dann auch darauf, dass das Verhältnis "nicht immer friktionsfrei" gewesen sei. Besonders bezüglich der Anerkennung des von der FPÖ abgespaltenen Liberalen Forums im Jahr 1993 sei man bis heute unterschiedlicher Meinung. "Aber ich glaube, das ist Geschichte", zeigte sich Scheibner versöhnlich.

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen würdigte Fischer als "unabhängigen und fairen Leiter des Hauses". Da Fischer stets darauf bedacht gewesen sei, die Würde des Parlaments zu wahren, habe er es mit den Grünen nicht immer leicht gehabt, gestand Van der Bellen ein.

Als neue Zweite Nationalratspräsidentin wurde danach SPÖ-Frauenchefin Barbara Prammer gewählt. Von den 178 Abgeordneten erhielt sie 96 Stimmen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos wurde als Abgeordneter angelobt, er übernahm das Mandat von Heinz Fischer. (völ/DER STANDARD, Printausgabe, 17.6.2004)