Sein Pech, dass er nicht dumm ist. Student Christian A. (33) drückt sich gewählt aus. Er kennt alle Worte, die notwendig wären, um dem Geschworenengericht zu erklären, warum er jenen jüdischen Friedhof damals in ein Nazidenkmal verwandelt hat. "Damals" - das bleibt heute allerdings schon sein bestes Argument - "damals war ich rechtsextrem."
Zu Allerheiligen 1992 bot der Friedhof in Eisenstadt einen schauderhaften Anblick. 88 Grabsteine waren beschmiert. Die mit Hakenkreuzen und Davidsternen verdeutlichte Botschaft: "Juden raus", "Ausländer raus", "Saujude", "Sieg Heil".
Das war das Nachtwerk zweier burgenländischer Schulfreunde. Wolfgang T., der ideologische Mitläufer, wurde nach dem Verbotsgesetz zu vier Jahren Haft verurteilt (er hat die Strafe bereits abgesessen). Christian A. blieb jahrelang in Südafrika, lebte von Gelegenheitsarbeiten, erlangte sogar ein EDV-Diplom, ehe er sich bei freiem Geleit für die Rückkehr nach Österreich entschied, "um mit der Vergangenheit aufzuräumen".
Der Staatsanwalt glaubt, die Geschworenen nicht daran erinnern zu müssen, "welches Leid das nationalsozialistische Gedankengut über die ganze Welt, kann man sagen, gebracht hat". Der Verteidiger serviert dem Gericht einen reumütig geständigen "Pseudointellektuellen". Den Sachschaden am Friedhof, 3200 Euro, hat er "aus eigener Tasche" (der Eltern) beglichen. Auch "emotionell" will er einiges wieder gutmachen. "Ich biete mich an, für das jüdische Museum unentgeltlich zu arbeiten", sagt er. Da leistet es sich der Anwalt, einmal ein bisschen auf die Bremse zu steigen: "Bitte, die Grabschändung war pietätslos, keine Frage. Mein Mandant hat die Grenze des guten Geschmacks zweifellos überschritten. Aber man soll die Kirche im Dorf lassen: So furchtbar war die Sache auch wieder nicht."
Kraft aus der Partei
"Wie sind Sie auf die Idee gekommen? Was war Ihr Motiv?", fragen Richterin und Staatsanwalt mehrmals abwechselnd. - "Das schaukelt sich hoch in diesen Kreisen", erwidert der Angeklagte. Mit 18 ist er der FPÖ beigetreten und engagierte sich beim RFJ (Ring Freiheitlicher Jugend). "In der Partei gibt es gewisse Sympathien für rechtsextreme Aktionen. Da wird man darin bestärkt, einmal etwas zu unternehmen", sagt er. Wogegen? - "Na ja, gegen die Missstände in der Politik, als Protest gegen die Unzufriedenheiten, gegen Ausländer." Und was unternimmt man da? - "Etwas, was Wellen schlägt, womit man mediale Aufmerksamkeit erlangt, womit man die Anliegen der Partei unterstützt. Man fühlt sich dann als Jugendlicher sehr wichtig und als Teil der Entscheidungsmacht", erklärt er. - Die Schändung der Grabsteine, eine spontane, von Alkohol beeinflusste Idee, habe sich aber leider als kontraproduktiv erwiesen: "Die Öffentlichkeit war geschlossen empört", weiß der Angeklagte.
Den besprayten Naziparolen war ein "Bekennerschreiben" beigelegt. Die Täter nannten sich "RAW", Rassistischer Arischer Widerstand ("Wiederstand" mit "ie" geschrieben, das war Wolfgang, wäre Christian nicht passiert). Darin wurden die "Kadaverstätten der Affen" für "nicht duldbar" bezeichnet. Ein "Arischer Gruß an Jörg Haider" beendete die Botschaft.
Provokativ und finster
"Für mich ist das heute eine irrationale Tat, die rationell schwer zu erklären ist, eine Provokation an das System", probiert er es noch einmal. "Warum gerade der Friedhof?", fragt die Richterin. - "Er war sehr abgelegen und nicht beleuchtet", erwidert der Angeklagte.