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Hätte STANDARD-Mitarbeiter Thomas Neuhold an jenem Dienstagabend im Februar 1992 dem Referat "Nationale Identität und Multikulturelle Gesellschaft, eine Schicksalsfrage unseres Volkes" beim Freiheitlichen Akademikerverband nicht so aufmerksam zugehört, das Wort "Umvolkung" wäre nur einem kleinen Kreis Deutschnationaler vertraut. Dem darauf folgenden Bericht über die Befürchtungen eines gewissen Andreas Mölzer, damals Bundesrat und politischer Grundsatzrefernt der FPÖ, gab es nicht nur über die Wortwahl, sondern auch über die Person des gerade 40-jährigen Redners eine heftige Diskussion.

Mölzer ist eine gewisse Lust daran anzumerken, die politische Korrektheit herauszufordern. Nein, den Begriff "Umvolkung" habe er keineswegs von Nazis übernommen – und selbst wenn er in irgendwelchen SS-Pamphleten (die Mölzer nach eigenem Bekunden nie gelesen hat) einmal aufgetaucht sein sollte, so hat Mölzer ihn doch nur von Irenäus Eibl-Eibesfeldt übernommen. Ganz unschuldig. Aber natürlich ganz absichtlich.

So etwas wird im rechten Lager als Ausdruck von Intellektualität gesehen – und das ist Mölzer, der sich aus dem Schatten der Murtaler Stahlwerke heraus- und heraufgearbeitet hat, wichtig. Nationalliberal wurde er bereits im Elternhaus geprägt – und dass national für ihn deutschnational heißt, leitet er "denklogisch" daraus ab, "dass die Mehrheit der Österreicher ethnisch Deutsche sind".

So hatte der "Mister Umvolkung" (der diese Bezeichnung eher wegen des englischen Titels als wegen ihres Inhalts ablehnen würde) auch seine Probleme mit dem damaligen FP- Chef Jörg Haider, dem es in den neunziger Jahren opportun erschien, "Deutschtümelei" aus der FPÖ zu verbannen. Mölzer verlor sein Bundesratsmandat und seinen Job als Chef der FP-Parteiakademie, dem Freiheitlichen Bildungswerk.

Er wendete sich dem Schreiben zu, gründete das Wochenblatt "Zur Zeit" und wurde Kolumnist der "Kronen Zeitung". Mölzers "Zur Zeit" wurde ein Medium zur Vernetzung versprengter Rechter, enttäuschter Katholiken, heimatloser Deutschnationaler und organisierter Burschenschafter – immer in gewisser Distanz zur FPÖ. So wie auch Mölzer selbst einmal stärker (als Kulturberater) und einmal weniger stark (als Kritiker der eher linken sozialpolitischen Vorstellungen Haiders) mit dem Kärntner Landeshauptmann und der FPÖ verbunden blieb.

So konnte Mölzer tun, was sich Jörg nicht im eigenen Namen traute – europäische Politiker vom ganz rechten Rand zusammenführen, Freundschaftstreffen organisieren und schließlich ein internationales Netzwerk aufbauen, in dem er nun als EU-Abgeordneter auch eine aktive Rolle übernehmen kann. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.6.2004)