Foto: Cremer
--PRO von Markus Mittringer

Da fackelt man nun monatelang kubikmeterweise Gas ab, lässt ganze Wagenladungen voller Erdöl in Rauch aufgehen oder brennt ein kleines Wäldchen ab, um den repräsentativen Stil-Altbau irgendwie auf mickerige 19 Grad zu bringen, und dann soll man urplötzlich damit aufhören, nur weil so ein sturer Kalender von heute auf morgen "Juni" sagt?

Ja, soll ich denn der Gicht Vorschub leisten, den Schnupfen kultivieren oder meinen Zahnschmelz klappernd zum Bersten bringen, nur weil angeblich Sommer ist? Da riskiert man die längste Zeit des Jahres ein Vermögen, um das erste Wasser des Tages nackt abschlagen zu können, und dann soll man das plötzlich durch eine kleine Öffnung im Daunen-Pyjama tun, weil angeblich nicht mehr geheizt werden darf? Man muss schon sehr fantasiebegabt sein, um 11 Grad Celsius als sommerlich warm zu empfinden, nur weil draußen Juni ist. Und wenn noch der teuerste Filofax "August" sagt, sobald mein innerer Thermostat Alarm schlägt, wird eingeheizt. Und zwar anständig, da wird ohne Rücksicht abgefackelt, was auch immer brennt. Und sollte irgendwer versuchen, mich daran zu hindern, dann kann er mich gern haben, dann verfall ich augenblicklich in Winterschlaf. Von mir aus im Juli.

Also merken: Wenn das Morgengrauen von einer Gänsehaut begleitet ist, dann kriegt der Mensch seine Heizperiode. Ob das nun irgendeinem Kalender passt, oder nicht!

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--CONTRA
von Daniel Glattauer

Grillen im Dezember - da bin ich dafür, da wäre ich sofort dabei, da würde ich sogar mein violett-türkis gemustertes Hawaiihemd ausgraben. Grillen zirpen hören im Jänner - damit hätte die Natur endlich wieder ein ihr gebührendes Erlebnis. Grillparzer beiwohnen auf der dampfenden Seebühne im Februar - da würde ich über alle drei Schatten springen. (Seebühne, Autan und Grillparzer).

Weintrauben ernten im März - allein dafür lohnte es sich, ein Winzer zu sein. Im 26 Grad köchelnden Ottensteiner Stausee baden im April und sich zur Abkühlung daheim (im Raum Zwettl, ehemals Kältepol) unter die erfrischende Dusche stellen - das machte ich sofort.

Im Mai die Regentage zählen (wollen) und auf insgesamt eineinhalb Stunden kommen - das ließe ich mir einreden. Im Juli den Hochsommer im Dorf lassen und ab Mitternacht für je sieben Stunden an ein biologisch abbaubares, grippevirenresistentes Schlafkühlaggregat angeschlossen werden - da würde ich mich für Testzwecke zur Verfügung stellen. Im August auf die Schwüle pfeifen und den Frühling neu anstarten lassen - es wäre ein neuer Lebenszweck. Das hieße: Marillenblüte im strahlenden September. Frischer Kirschenkuchen im wärmenden Oktober. Melonenbowle zur Freiluftforelle im nebellos lauen November.

Fehlt dann eigentlich nur noch der Juni. - Heizen? Habe ich richtig verstanden: HEIZEN IM JUNI? Sie meinen: EINHEIZEN? Verzeihung, revolutionieren wir gerade den gleichen Kontinent? (DerStandard/rondo/11/06/2004)