Wien - SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer schließt einen Rücktritt Josef Broukals als SPÖ-Mandatar "völlig aus" und bekräftigt, dass Broukal am 16. Juni zum stellvertretenden Klubchef gekürt wird. Das sagte der SPÖ-Vorsitzende am Montag in einer Pressekonferenz in Wien. Gusenbauer konterte damit die mehrfach bekräftigten Rücktrittsaufforderungen der Regierungsfraktionen an Broukal, nach dem Eklat vergangenen Freitag im Nationalrat. Ausgelöst wurde dieser Eklat durch Broukals Äußerung in Richtung ÖVP und FPÖ, es sei diesen unbenommen, den Nationalsozialisten nachzutrauern.

Gusenbauer betonte jedoch am Montag, er habe inzwischen ein Gespräch mit Broukal geführt und dabei betont, dass diese Aussage inakzeptabel sei und er sich dazu nicht hätte hinreißen lassen dürfen. Allerdings wolle er auch darauf hinweisen, dass zu diesem Zeitpunkt im Nationalrat eine "absolute Pogrom-Stimmung" geherrscht habe. Die Mandatare von ÖVP und FPÖ hätten Broukal bei dessen Redebeitrag die Möglichkeit genommen, zu Wort zu kommen. Und in dieser Stimmung habe Broukal sich hinreißen lassen, eine nicht akzeptable Äußerung zu machen. Broukal habe dies aber erkannt und sich entschuldigt.

Gusenbauer will Aussage nicht zurück nehmen

Am Nachmittag sah Gusenbauer überhaupt keinen Grund, seine Behauptung zurück zu nehmen, es hätte vor und während der umstrittenen Rede des Abgeordneten Josef Broukal im Parlament eine "Pogrom-Stimmung" geherrscht. Der SPÖ-Chef richtete hingegen am Montag in Klagenfurt seinerseits Angriffe gegen den Ersten und gegen den Dritten Nationalratspräsidenten, Andreas Khol (V) und Thomas Prinzhorn (F), die seine Ausdrucksweise kritisiert hatten.

"Khol soll sich nicht als selbst ernannter Schiedsrichter aufspielen", sagte Gusenbauer vor Journalisten. Man müsse sich nur die Fernseh-Aufzeichnung der Nationalratssitzung von vergangener Woche anschauen, wie Abgeordnete von ÖVP und FPÖ schon vor den umstrittenen Äußerungen Broukals "abgetobt und auf die Tische geklopft" hätten. Der zu dieser Zeit zuständige Präsident Prinzhorn hätte die Sitzung sofort unterbrechen müssen.

"Verstädnis für Emotionalisierung"

Er habe deshalb auch Verständnis "für die starke Emotionalisierung" Broukals, der allerdings nur "Sachen hätte sagen sollen, die er auch wirklich meint", erläuterte der SPÖ-Vorsitzende. Es sei seiner Meinung nach nicht richtig gewesen, an ÖVP und FPÖ Pauschalvorwürfe im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus zu richten. Hingegen hätte man dem designierten stellvertretenden Klubchef nichts vorwerfen könne, wenn er auf die Teilnahme der FPÖ-Funktionäre Heinz-Christian Strache und Ewald Stadler bei den Heldenplatz-Kundgebungen am 8. Mai hingewiesen hätten.

Andere Rücktrittsaufforderungen

Zur wiederholten Forderung seitens der FPÖ und Teilen der ÖVP nach einem Rücktritt Broukals sagte Gusenbauer, dann hätten vorher schon längst Landeshauptmann Jörg Haider (F) wegen seiner "Vaterlandsverräter"-Vorwürfe an den EU-Kandidaten Hannes Swoboda, FPÖ-Chef Herbert Haupt, der praktisch die gesamte SPÖ des Vaterlandsverrats bezichtigt habe, sowie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ("Er ist der FPÖ beigesprungen") und ÖVP-Generalsekretär Helmut Lopatka wegen "Brieffälschens" zurücktreten müssen. Von all diesen Personen habe es "kein Wort der Reue gegeben". Gusenbauer: "Das hat System, das ist ihre Rolle in der Politik."

Als "obszön" bezeichnete der SPÖ-Chef den Vergleich Haiders zwischen den Broukal-Äußerungen und seinem Ausspruch über die "ordentliche Beschäftigungspolitik". Er forderte vielmehr den Kärntner Landeshauptmann auf, sich beim EU-Kandidaten Swoboda zu entschuldigen, denn der Ausdruck "Vaterlandsverräter" entstamme der Nazi-Terminologie.

Generell sprach Gusenbauer im Zusammenhang mit den FPÖ- und ÖVP-Attacken gegen Swoboda und Broukal von einem "Kesseltreiben" und einer "Hetze". Die beiden Regierungsparteien wollten bei der EU-Wahl keine sachliche Auseinandersetzung, sondern agierten ausschließlich mit "Verleumdung, Verletzung und Unterstellungen".

Auch der Kärntner SPÖ-Vorsitzende LHSTv. Peter Ambrozy betonte, er könne "diesen Stil der Auseinandersetzung keinesfalls goutieren". Dies sei aber nichts Neues.. Schon 1996 habe die FPÖ den EU-Wahlkampf unter dem Slogan "Der Denkzettel" geführt. (APA)