Empörte Anrufer an einem Morgen im Mai tun gut. Sie regen den Kreislauf an und putzen die Ohren durch. Unlängst musste ich mir sehr laut anhören, dass ich "männerfeindlich" schreibe. Anlass war der hier geäußerte und mit Beispielen belegte Verdacht, Männer hätten Probleme, sich auf mehr als eine Sache gleichzeitig zu konzentrieren. Dass ausgerechnet ein Mann darüber spotte, sei Ausdruck des "linken Zugangs der Redaktion zu gesellschaftlichen Themen", meinte der Anrufer. (Zum Glück hat er mich noch nicht in meinem "Ich-bin-eine-linke-Emanze"- T-Shirt gesehen, welches ich gerne beim Umtopfen von Zimmerpflanzen verwende.) "Machen Sie sich doch einmal über Frauen lustig!", forderte mich die Stimme des Herrn auf. - Tut mir Leid, ich finde das nicht lustig, wenn sich Männer über Frauen lustig machen. Lustiger ist es, wenn sich Frauen über Frauen lustig machen. Aber am lustigsten ist es, wenn sich Männer über sich selbst lustig machen: Das gibt am meisten her. Von "männerfeindlich" kann dabei nicht die Rede sein. Denn Selbstironie ist die Schwester der Unverbesserlichkeit. Wer über seine Schwächen lacht, verrät, dass er sie behalten will. Männer können das gut. (DER STANDARD, Printausgabe vom 27.5.2004)