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Kein Zweifel: Das am Donnerstag beschlossene Bundes- Tierschutzgesetz bringt Fortschritte gegenüber den bisherigen, sehr uneinheitlichen Regelungen. Es sei jedem vergönnt, von einer "Sternstunde des Parlamentarismus" zu schwärmen - aber dann sollte man doch auch genauer hinschauen, ob das Gesetz nicht Hintertürln hat, die den tierschützerischen Erfolg relativieren.

Tatsächlich haben die Hintertürln die Dimensionen von Scheunentoren - das wichtigste steht so weit offen, dass SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer in seltener Einmütigkeit mit Bauernbund-Politikern darauf hinweisen musste: Es hilft das strengste österreichische Gesetz zur artgerechten Tierhaltung nichts, wenn die Nachbarländer unter viel lockereren Bedingungen produzieren können und diese Produkte dann zu Dumpingpreisen auf dem österreichischen Markt landen.

Wenn Tierschutz erfolgreich durchgesetzt werden soll, dann darf man auf internationaler, mindestens aber europäischer Ebene nicht locker lassen. Sonst leiden die Tiere, die für unsere Schnitzel, unsere Eiernudeln und unsere Majonäse die Grundprodukte liefern, zwar nicht mehr in österreichischen Ställen und Käfigen - sondern jenseits der Grenze. Was dem Tierschutz insgesamt nichts nützt, den heimischen Bauern aber schadet.

Die anderen Hintertürln sind weniger offensichtlich - denn sie entstammen der Harmonisierung des Bundes-Tierschutzgesetzes mit verschiedenen Landes-Tierschutzgesetzen. So sind neue Übergangsfristen entstanden; und auch die viel diskutierte Anbindehaltung ist nun wesentlich lockerer gefasst als in den Landesgesetzen von Niederösterreich, Vorarlberg und der Steiermark, wo Rinder eigentlich 120 bis 130 Tage freien Auslauf haben sollten. Jetzt schreibt das Gesetz nur 90 Tage vor und erlaubt sachlich begründete Ausnahmen.

Für die Bauern also nicht wirklich ein Grund zum Jammern - und für die Tiere nicht durchwegs eine Verbesserung. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2004)