"Oedipus Reloaded" wird ab 2. Juni bei der Ruhrtriennale zu sehen sein, "Apparition" im September bei der Ars Electronica in Linz.

Foto: Ruhrtriennale
STANDARD: Herr Obermaier, was ist der State of the Art bezüglich Bühnentechnik? Obermaier: Man sieht derzeit, dass Technik genauso verinnerlicht wurde wie andere Elemente der Bühne, genauso wie man von einem Setdesigner annimmt, dass er sein Handwerk kann, genauso nimmt man das heute vom Techniker an. Nehmen wir Festivals wie die Ars Electronica. Gibt es dort interaktive Installationen, dann haben die mittlerweile ein richtiges Niveau. STANDARD: Gibt es ein Zuviel an Technik? Obermaier: Das kommt auf den jeweiligen Fall an. Es ist ein Blödsinn, wenn man sagt, man könne etwas nur über die Technik transportieren, genauso, wie wenn man sagt, man kann ganz ohne Technik auskommen. Der Einsatz von Technik sollte eine gewisse Selbstverständlichkeit haben. STANDARD: Der Trend zu Spektakelkunst ist nicht zu übersehen. Obermaier: Spektakel zeigen, welche Technik man zur Verfügung hat, und dass diese spektakulär ist. Damit hat es sich meistens schon. Nicht jedes Spektakel ist aber von vornherein abzuwerten, es geht darum, wie subtil man mit den einzelnen Elementen umgeht. Als ich die Linzer Klangwolke machte, war mir klar, dass dieses Ereignis das Spektakel in sich trägt. Trotzdem habe ich versucht, mich nicht zu verleugnen. STANDARD: Was meinen Sie mit subtil? Obermaier: Die Übereinstimmung mit dem Inhalt. Dass Technik kein Selbstläufer ist. Man merkt das daran, ob der Zuschauer dranbleibt oder nicht. 1998 bei der Klangwolke setzten wir 3-D-Laser ein, und 70.000 Leute standen da mit ihren 3-D-Brillen, das war eine irre Geschichte, das hat noch niemand gemacht. Aber es war auch ein funktionierendes künstlerisches Mittel. STANDARD: Sie bringen in Ihren Performances Körper und Technik zusammen. Obermaier: Ich wollte diese zwei Medien stärker zusammenführen. Es gibt nichts Schöneres als die Integration von Technik in einen schwitzenden Körper. Es geht in meinen Arbeiten um Körperlichkeit, um die Erscheinung, darum, wie man sich in einem technologischen Umfeld bewegt. STANDARD: In ihrem neuen Projekt greifen Sie auf eine mythologische Figur zurück. Obermaier: Bei "Oedipus Reloaded" geht uns darum, dass hier der Prototyp eines Verlorenen dargestellt wird, und das ist eine Situation, die in der derzeitigen geopolitischen Situation sehr aktuell ist. STANDARD: Wie setzen Sie dabei Technik ein? Obermaier: Mein Bühnen-Set-up verstärkt die Losgelöstheit des Menschen im Raum. Das klingt kompliziert, aber im Grunde ist es technologisch eine einfache Geschichte. STANDARD: Sie greifen besonders gerne auf einfache technische Lösungen zurück? Warum? Obermaier: Die Geräte selbst vermitteln selten eine Ästhetik. Und wie der Computer funktioniert, interessiert im Zuschauerraum niemanden. Also kommt das in meinen Arbeiten nicht vor. Hinter den Projektionen, mit denen ich vorzugsweise arbeite, steckt aber einiges an Know-how. STANDARD: Welche technologischen Entwicklungen interessieren Sie im Moment? Obermaier: Es passieren momentan keine großartigen Sachen. Einige Leute versuchen, Holografie auf der Bühne einzusetzen, aber das ist nichts, was mich besonders interessiert. Ich denke immer stärker über Interaktivität nach, ich habe zwar schon früher damit gearbeitet, 1993 mit dem Kronos Quartett in "The Cloned Sound" etwa, aber jetzt ist die Technologie da um einiges weiter, vor allem was Bilderkennung und Motion Capture anbelangt. STANDARD: Gibt es ein konkretes Projekt? Obermaier: Ja: "Apparition". Ein Projekt der diesjährigen Ars Electronica zusammen mit Koproduktionspartnern in London und Singapur. Wir werden Interaktivität in einer Performance einsetzen, nicht im Rahmen einer Installation. Da gab es bisher kaum wirklich interessante Projekte. (hil / DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2004)