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"Meine Hauptrolle ist die eines Vermittlers zwischen bestem Design und dem Markt, wobei ich statt vom Markt, lieber von den Träumen der Menschen rede." Alberto Alessi, geboren 1946, kommt aus der dritten Generation der führenden italienischen Designfabrik.

Beim Brand-Logic-Marken-Symposium vergangene Woche in Innsbruck lud er das Thema "Durch Andersartigkeit zum Erfolg" nicht theoretisch auf, sondern führte es mit einem Streifzug durch die Firmengeschichte im wahrsten Sinne des Wortes vor. Etwa wenn er über den legendären Wasserkessel von Richard Sapper aus dem Jahre 1983 spricht, bei dem der Designer einen Pfeifton in Erinnerung an die Flussschiffe seiner Kindheit anstrebte.

Zwei Jahre hätte man gesucht und wurde schließlich zufällig bei einem Handwerker im Schwarzwald fün- dig. Erst musste Sapper von der "Kompromissmelodie" der dreistufigen Pfeife überzeugt werden, dann stellte sich heraus, dass diese aus einem rasch oxidierenden Material waren. Der Wasserkessel werde inzwischen mit zwei Ersatzpfeifen verkauft.

Eine Marke müsse mehr sein, als eine bestimmte Funktion zu erfüllen, betont Alessi. Zum einen komme der Zeichenwert hinzu - wozu Status- und Stilsymbole gehören. Mindestens genauso wichtig, betont Alberto Alessi mit dem Hintergrund 35-jähriger Erfahrung, sei aber der "poetische Wert", für den es ein "enormes Bedürfnis gibt, den die industrielle Massenproduktion aber nicht befriedigen kann."

Wer für eine derartig erfolgreiche Marke steht wie Alberto Alessi, kann es sich leisten, witzig und pointiert über Misserfolge und Ladenhüter zu reden, aber es trifft eine Voraussetzung, die großen Marken gemeinsam ist: Kre- ativität und Handlungsspielräume für alle im Unternehmen Mitwirkenden. Kelly- Geschäftsführer Wolfgang Hötschl etwa nennt es "eine Kultur, Fehler zu machen" - um hinzuzufügen: "Aber jeden nur einmal."

Markus Webhofer vom Veranstalter "Institute of Brand Logic" definiert das erfolgreiche Markenunternehmen über eine "im Zentrum pulsierende Idee, die an allen Kontaktpunkten spürbar ist".

Beim aus einer Weindynastie stammenden Mario Moretti Polegato und der kometenhaft aufgestiegenen Schuhmarke Geox ist das "die atmende Schuhsohle".

Bei Swarovski (am Symposium vertreten durch den geschäftsführenden Gesellschafter Markus Langes-Swarovski) ist es die "Faszination des Kristalls" und bei Alessi die Opposition zum industriellen Massenprodukt, wo Design nur ein dem Marketing und der Technologie untergeordneter Wert ist.

Was für Alessi die Poesie der Marke ausmacht, ist beim Betriebswirt Webhofer die "soziokulturelle Bedeutungswelt", und er meint, dass in der "kulturellen Sinnstiftung für Marken die Chance liegt, die Vorlieben der Massenseele zu gewinnen und sich mit enormer Geschwindigkeit auszubreiten".

Ergänzt um einen "kraftvollen Gestaltauftritt" und dem Aufbau eines Spannungsverhältnisses zum Kunden, "das nicht mit dem Kauf des Produkts aufhört", ist der Aufbau einer erfolgreichen, außergewöhnlichen Marke fast kein Problem mehr. Aber eben nur fast. (Der Standard, Printausgabe 22./23.5.2004)