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apa/dpa/Fabian Matzerath
Arbeitnehmer und Gewerkschaften fürchten die Vernichtung hart erkämpfter arbeitsrechtlicher Errungenschaften. In der Tat: Kein Unternehmen, das den ökonomischen Umbruch unbeschadet überstehen will, kann es sich leisten, mit seinen Arbeitnehmern eine Bindung auf Lebenszeit einzugehen.

Damit gerät so mancher Lebensplan in akute Bedrängnis. Niemand kann mehr damit rechnen, bei seinem Einstiegsunternehmen auch in Pension zu gehen. Eine vollständige Neuorientierung scheint daher mehr als notwendig.

Eine solche setzt aber auch eine veränderte Lebenseinstellung voraus. In der persönlichen Lebensplanung sollte daher jeder Einzelne rechtzeitig umdenken und nicht länger Schutz bei einem einzigen Arbeitgeber suchen.

Die Sicherheit liegt künftig in jedem selbst und in seinen langjährigen Erfahrungen. In Zukunft wird man vermehrt unternehmerisch denken müssen. Er kann sich nicht auf unbefristete Anstellungsverhältnisse festlegen, sondern muss entweder auf Projektbasis arbeiten oder den Sprung in die Selbstständigkeit wagen. Seitens der Unternehmen wird dieser Trend zu kleinen, beweglichen Einheiten durch Partnernetzwerke forciert.

Für den Arbeitnehmer bietet dieses Szenario eine ganz neue Herausforderung: Die passive Haltung des Angestellten wird durch eine aktive Netzwerkstrategie abgelöst, Leistungen müssen ständig neu verkauft werden, sei es innerhalb des Unternehmens oder auch an externe Auftraggeber. Der Arbeitgeber mutiert zum Kunden.

Die Konsequenz daraus: Die meisten Berufstätigen werden ihr Karrieremanagement selbst betreiben. Jeder ist dazu angehalten, seine Fähigkeiten permanent dem Arbeitsmarkt anzupassen.

Es gibt jedoch Vorteile: An die Stelle von unbefristeten Dienstverträgen tritt das auf eigene Kompetenz gegründete Selbstvertrauen angesichts eines fließenden ökonomischen Umfeldes. Der Arbeitsplatz ist gemäß den Standortbedingungen frei wählbar.

Das Lebensalter verliert an Bedeutung: Wer auf dem Stellenarbeitsmarkt von Jüngeren überrundet wird, verfügt über genügend Know-how und Erfahrung, um sich allein zu behaupten. Immer mehr Berufstätige akzeptieren solche Veränderungen der Arbeitswelt und entscheiden sich bewusst für neue Arbeits- und Lebensformen. Sie wechseln Beruf und Branche oder positionieren sich als Selbstständige.

Nur wenige dieser privilegierten "Wunderwuzzis" sind in der glücklichen Lage, sich derart selbst verwirklichen zu können. Im April haben die Arbeiterkammer Wien (AK Wien), der österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und das Bundesförderungsinstitut Wien (bfi Wien) die Initiative "Gegenstrom" ins Leben gerufen, um sich diesem gesellschafts- und bildungspolitisch brisanten Thema zu widmen. Mit dem Ziel, "das Potenzial älterer Arbeitnehmer sichtbar zu machen, ein Umdenken bei Entscheidungsträgern herbeizuführen und die Kompetenzen der Betroffenen zu stärken".

Seit März 2004 finden Impulsveranstaltungen für alle Zielgruppen zu relevanten Themen wie "Generationenbalance als Personalstrategie", "Empowerment" - Alter hat Zukunft, "Mitarbeiter ohne Ablaufdatum", "Erfolgreich und Lebenslustig", statt.

Das Bewusstsein zu schaffen, ein Arbeitsumfeld zu gestalten, das Jüngere und Ältere zum Verändern von Bestehendem und zur Entwicklung von Neuem anregen und herausfordern soll. Seine Karriere "zeitgemäß aufzubauen", dabei die Arbeit, Aus- und Weiterbildung und Freizeit nicht länger als getrennte Bereiche wahrzunehmen. Im Beruf seine Erfüllung zu sehen, und in den neuen Anforderungsprofilen Vergnügen zu finden, diesen Herausforderungen zu begegnen, und bei dem Gedanken an die 45-plus-Generation lieber eine Start- und nicht eine Landebahn im Auge zu haben. Ein lebenslanges Lernen erhält vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung.