Ist es nun die "größte Steuerreform aller Zeiten" - der Ordnung halber muss gesagt werden, dass die Regierung von der "größten Entlastung der Zweiten Republik" sprach - oder das "politische Waterloo", zu dem es die Opposition hochstilisiert? In einem Punkt ist diese Steuerreform tatsächlich bemerkenswert: Die Senkung der Unternehmenssteuern (Körperschaftssteuern) von 34 auf 25 Prozent ist überraschend deutlich. Im Umfeld wachsender Standortkonkurrenz in der EU (Stichwort: Slowakische Flattax) war es richtig, ein deutliches Zeichen zu setzen. Das Argument, dies ginge in die Taschen der Unternehmen statt der Arbeitnehmer, ist politisch verständlich, inhaltlich aber zu simpel. Denn Arbeitnehmer sind auf gesunde Unternehmen angewiesen; bessere Erträge aufgrund geringerer Steuern sind dazu ein Beitrag. Überaus fragwürdig sind jedoch Details, wie die Begünstigung von Verlusten, die im Ausland gemacht werden, oder ein Rabatt für Firmenübernahmen - mit der die Tendenz zur Konzentration und damit zum Abbau von Jobs gestärkt wird. Oder der Steuerbonus für agrarischen Dieselverbrauch, der als Beschäftigungstherapie vom Zollamt abgewickelt wird - als ob die Landwirtschaft nicht schon genug Subventionen bekäme. Ein gravierendes Versäumnis ist, was gar nicht erst behandelt wurde: Die Förderung von Investitionen und Forschung, was Arbeitsplätze schaffen würde.Die übliche Gießkanne Die Senkung der Einkommenssteuer (Lohnsteuer) wirkt dagegen wie die übliche Gießkanne, bei der ein wenig von dem zurück kommt, was an höheren Abgaben wieder geholt wird. Eindeutig ist, dass niedrige Einkommen davon nichts haben, da sie keine Steuern zahlen. Aber ebenso wenig wurde der Höchststeuersatz von 50 Prozent angetastet - der mindestens so leistungsfeindlich ist wie die bisherige Körperschaftssteuer. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 07.05.2004)