EU-Erweiterung vermehrt Probleme
Die Liste der Schwierigkeiten lässt sich fortsetzen, der Himmel über Europa sieht alles andere als wie ein profitables, geordnetes Geschäftsfeld aus. Und die Probleme haben sich mit dem Beitritt der neuen EU-Mitglieder zum 1. Mai noch vermehrt: Denn den früheren Oststaaten, die in den vergangen Jahren Fortschritte bei der Modernisierung von Flotten und Flugbetrieb machten, steht jetzt die volle Konkurrenz der westeuropäischen Airlines und der Übergang zum liberalisierten Flugmarkt der EU ins Haus.
Der europäische Luftverkehr leidet weiterhin an den Nachwehen nationalstaatlicher Orientierung. Zwar hob die EU 1997 nationale Begrenzungen auf; seither können Airlines von einem beliebigen Flughafen der EU zu jedem anderen fliegen und sind nicht mehr an ihre staatliche Herkunft gebunden. Aber in erster Linie nutzten neue Billigairlines diese Freiheit und brachten damit die etablierten "nationalen Fluglinien" in zusätzliche Bedrängnis.
Auch Billigflieger brauchen Bündnisse
Seit Jahr und Tag wird darum den Airlines - wie das bei anderen Branchen, von der Autoindustrie bis zur Informationstechnologie, der Fall ist - eine Konsolidierung vorausgesagt. Das wahrscheinlichste Szenario: Mit Lufthansa, Air France und British Airways bleiben drei Riesen über; daneben wird es Regionalfluglinien wie die Austrian Airlines geben, die sich dann halten können, wenn sie klar definierte Märkte effizient bedienen und mit einem der Großen liiert sind. Und ein Drittel des Marktes geht an die Billigflieger: Sie konnten, unbelastet von alten Strukturen, einen effizienten und ausschließlich auf profitable Mittelstrecken konzentrierten Betrieb aufbauen. Aber auch ihnen stehen Konzentration und Bündnisse ins Haus, wie etwa die Niki-Air-Berlin-Partnerschaft.
Aber so logisch nach ökonomischen Kriterien die Marktentwicklung wäre - Konzentration auf wenige Große, die dadurch den Preis diktieren und gut leben können -, die Praxis zeigt anderes. In den USA (ohne Fluglinien in nationalem Eigentum) gibt es die Großen, aber es geht ihnen allesamt schlecht. Auch den europäischen Großen geht es nicht besonders, während einige der Kleinen (unter anderem Finnair und AUA) durch erstaunliche Flexibilität ihre Strukturen verkleinerten, das Aufkommen vergrößerten und so knapp profitabel sind.
Kein Platz für mittelgroße Airlines
Die Alitalia wäre jedenfalls ein Beispiel dafür, dass zwischen Groß und Klein wenig oder nichts bestehen kann, sobald staatliche Stützungen ausfallen. Denn die personell aufgeblähte mittelgroße Airline, die sich am liebsten von Air France kaufen lassen würde, hat den Sprung zur Größe nie geschafft und eine Reihe schwer wiegender Fehler gemacht. Durch ihre Konzentration auf Rom hat sie den Mailänder Markt de facto an Lufthansa, AUA und Swiss abgegeben.
Paradoxerweise geht es den meisten Zulieferbetrieben rund um die Airlines gut: Flugzeughersteller, die ihrerseits einen Konzentrationsprozess durchmachten, Flughäfen, Treibstofffirmen. Das ist eigentlich ein Rätsel - oder besser: ein Hinweis darauf, dass sich die Airlines in ihrem Überlebenskampf selbst die Preise ruiniert haben.
Großbaustelle Luftfahrt