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Es ist wahrlich kein Nachteil, wenn man als Geschäftsführer von Catro mit einer Niederlassung (auch) in Bratislava in Hainburg geboren und aufgewachsen ist: mit Blick auf die ruhig dahinfließende Donau und die fernen Betontürme des Bratislava-Vororts Petrzalka. Markus Brenner, Catro-Geschäftsführer, hat jedenfalls leichten Heimvorteil, wenn er über die Situation des nördlichen EU-Jünglings Slowakei referiert und vom jetzigen "Musterschüler" spricht, Bratislava "als Hotspot" und die seit heuer geltende "Flat Tax" von 19 Prozent als "großen Wurf" bezeichnet.

Erste Frage Markus Brenners an Volker Pichler, Generaldirektor der Istrobanka, einer Tochter der Bawag: "Wie schaut es um die Karrierechancen für Österreicher in der Slowakei aus?" - Pichler, 25 Jahre lang in Wien in der Gewerkschaftsbank, hat vor zwei Jahren eine neue Herausforderung gesucht und hier gefunden.

Mit starken Worten preist er die riesigen Chancen für "Expats", Österreicher im Ausland, hält aber mit aller Klarheit fest, dass es zwei Arbeitsmärkte gibt: "Die Slowakei besteht aus zwei Ländern", dem Raum Bratislava mit Vollbeschäftigung und mehr oder minder dem Rest des Landes, vor allem dem Osten, wo teilweise Arbeitslosigkeit bis 30 Prozent besteht (Landesdurchschnitt: 17 Prozent).

Peter Kollarik, Generaldirektor von Siemens Slowakei, der lange Jahre in Wien an der tschechoslowakischen Botschaft verbracht und schließlich die slowakische aufgebaut hat, argumentiert mit den Zahlen seines Unternehmens: Man habe rund 7000 Mitarbeiter in der Slowakei, 50 bis 60 davon seien ausländische Mitarbeiter. Langsam ändere sich die Lage, man benötige nicht mehr so viele Expats, diese jedoch zur Durchsetzung von Konzernrichtlinien, was auch Pichler für seine Bank bestätigt. Aus der unmittelbaren Sicht eines Produktionsleiters, der Robert Schreiner als Geschäftsführer von Spielzeugeisenbahn-Hersteller Roco Slovakia auch ist, dann einige Feststellungen über die Ausbildung der slowakischen Arbeitskräfte: "sehr gut" für Universitätsabgänger, "mangelhaft" im Bereich von Facharbeitern. Schreiner, der vor Jahren in Salzburg nur fünf Minuten überlegte, als er gefragt wurde, ob er in die Provinzstadt Banska Bystrica übersiedeln wolle und jetzt bereits beim Häuslbauen ist, hält "Erfahrung" für das Wichtigste, was Expats in der Slowakei benötigten.

Voll des Lobs über die Motivation, Flexibilität und Mobilität der jungen Slowaken ist Martin Hornig, Vorstandsdirektor der Poistovna Slovenskej sporitelne, im Besitz der S-Versicherung der Sparkassen, seit zwei Jahren in Bratislava ansässig. Er relativiert die These von Bank-General Pichler über den gespaltenen Arbeitsmarkt. Gerade die Mobilität führe zu einem starken Wettbewerb untereinander, treibe die Löhne in die Höhe und führe auch vermehrt zum Auspendeln junger Slowaken etwa nach Österreich.

Selbstkritisches merkt Viera Masarykova, Prokuristin bei der internationalen Steuerberatungsfirma IB Grant Thornton, zu den Sprachkenntnissen ihrer Landsleute an: Wenn eine amerikanische Firma eine Buchhalterin mit Englischkenntnissen suche, bekäme sie entweder eine perfekte Buchhalterin oder eine perfekte Englischdolmetscherin, jedoch kaum in Kombination.

Ein großes Hindernis für Slowakei-willige Expats sind die Gehälter, die ihn oder sie erwarten: Sofern sie nicht von der Konzernzentrale zu firmeneigenen Bedingungen entsandt werden, "locken" Durchschnittslöhne von 14.000 Kronen, die sich bis auf 100.000 Kronen erhöhen können, was aber auch erst umgerechnet 2500 Euro bedeutet. Dennoch, alle Diskussionsteilnehmer sind sich einig, das man beispielsweise österreichische Manager brauche: etwa an den Schnittstellen zum Konzern. (Der Standard, Printausgabe 30.4./1./2.5.2004)