Zunächst hatte sich US-Präsident George W. Bush gegen die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung möglicher Ursachen der Terrorattacken des 11. September 2001 vehement gewehrt, wurde jedoch von einer Reihe von Familien der Opfer von deren Notwendigkeit - und politischer Nützlichkeit - überzeugt. Dann erklärte er kategorisch, er werde maximal eine Stunde lang und nur vor den beiden Vorsitzenden der insgesamt zehnköpfigen 9/11-Commission, dem Republikaner Thomas Kean und dem Demokraten Lee Hamilton, aussagen.

Schließlich stimmte Bush unter starkem öffentlichen Druck zu, seine Aussage zeitlich nicht zu begrenzen und der gesamten Kommission Rede und Antwort zu stehen, bestand aber darauf, nur gemeinsam mit seinem Vizepräsidenten Dick Cheney aufzutreten.

"Offen und sehr freundlich"

Bush sagte, das Gespräch sei sehr offen und sehr freundlich gewesen. "Ich glaube, es hat ihnen geholfen zu verstehen, wie ich denke, wie ich das Weiße Haus leite und wie wir mit Gefahren umgehen", sagte Bush. Um von der Öffentlichkeit nicht fälschlicherweise als "Angeklagter" wahrgenommen zu werden, sei die Befragung in seine Amtsräume ins Weiße Haus verlegt worden.

Die Öffentlichkeit wird weder durch eine Aufzeichnung noch eine formelle Mitschrift von den Antworten des Duett-Auftrittes der beiden informiert werden. Die einzige Hoffnung, demnächst zu erfahren, was sich am Donnerstag hinter verschlossen Türen im Oval Office des Weißen Hauses abgespielt hat, wäre eine undichte Stelle innerhalb der Kommission. Bisher haben die Mitglieder der Kommission jedoch dicht gehalten. Die Amerikaner werden sich voraussichtlich bis zum Abschlussbericht Kommission Ende Juli gedulden müssen.

Sowohl Bush als auch Cheney - die beide nicht unter Eid aussagten - werden beschuldigt, der drohenden Gefahr des Terrorismus vor den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, sondern sich von Anbeginn allzu sehr auf den Irak eingeschossen zu haben.

Die Zeugenaussagen der beiden mächtigsten Männer im Staat fanden vor dem Hintergrund starker Kämpfe im Irak und neuen Umfragen statt, denen zufolge die Amerikaner ihrem Präsidenten und dessen Umgang mit dem Krieg immer kritischer gegenüberstehen: Laut New York Times/ CBS glauben nur noch 47 Prozent, die Invasion des Irak sei das Richtige gewesen - im Dezember waren es noch 63 Prozent. In derselben Umfrage stehen Bush und sein voraussichtlicher Widersacher John Kerry derzeit Kopf an Kopf, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Unabhängige Ralph Nader im November doch nicht antritt. (APA/red/DER STANDARD, Printausgabe, 30.4./1./2.5.2004)