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Salamis, Athletenhochburg der Antike: Zyperns Sporterfolge liegen mehr als 2000 Jahre zurück. Heraklides (172 v. Chr.) blieb bis heute der einzige Olympiasieger der Insel.

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Nikosia - UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat für Sport wenig übrig.

Bei den Verhandlungen um eine Lösung der Zypernfrage Ende März knallte er der griechisch-zyprischen und der türkisch-zyprischen Delegation ein 10.000 Seiten starkes Dokument auf den Tisch. Dem Sport war keine einzige Zeile gewidmet. Vielleicht tritt auch deshalb kein vereinigtes Zypern der EU bei. In getrennten Referenden stimmten die griechischen Zyprer am 24. April mit 75 Prozent gegen den Annan-Plan, die türkischen mit 65 dafür. Vorerst bleibt ein Auftritt von Athleten beider Volksgruppen unter einer Fahne Zukunftsmusik.

Getrennte Wege gingen Griechen und Türken der Insel nicht erst seit 1974. Zypern klammerte sich ans griechische Mutterland, ein totaler "Anschluss" erfolgte von 1967 bis 1974 während der Obristen-Diktatur in Athen. Damals nahm der Champion der Klasse "Zypern", ob im Fuß-, Hand- oder Volleyball, an der griechischen Meisterschaft teil - wo er stets den Prügelknaben abgab. Da war man 1978 froh, dass wieder die Trennung der Verbände erfolgte und Zypern eigene Organisationsstrukturen schuf. Der türkische Teil forderte erst jetzt wieder die internationale Anerkennung seiner Sportverbände. Bislang konnten türkische Zyprer keine internationalen Wettkämpfe bestreiten, da ihr Olympisches Komitee nicht vom IOC anerkannt ist.

Zum Publikumsmagneten Nr. 1 avancierte der Fußball; auf Platz zwei folgt Basketball. Nimmt man die Sportbeilage einer Zeitung zur Hand, ist die Hälfte des Umfangs der Fußballmeisterschaft gewidmet. Auch Ski fährt kein Mensch, auch wenn das im Jänner und Februar auf dem Olympos im Troodos-Gebirge (1951 Meter) möglich ist. Erfolge bei Olympia liegen mehr als 2000 Jahre zurück. In der Antike gab es viele Olympioniken, die von der Insel Aphrodites stammten; Salamis galt als Athletenhochburg. Von dort soll der erste Olympiasieger der Insel, Heraklides von Salamis (172 v. Chr.), stammen. In der Neuzeit ist die Bilanz ernüchternd. Kein Zyprer konnte seit 1896 eine Medaille erringen.

Bis 1981 war Zypern der griechischen Delegation eingegliedert, erst 1984 in Los Angeles trat ein eigenes Team an. Bisher gelang drei Vertretern bei Olympia der Sprung unter die ersten zehn: Stávros Tzortzís über 400 m Hürden (München 1972) sowie den Tontaubenschützen Lákis Psimolofítis (Mexiko 1968) und Antónis Andréou (Sydney 2000). Für Athen ruhen die Hoffnungen auf Geórgios Achilléas, auch er ein Skeet-Meister.

Die Sportverbände auf Zypern hatten ein weites Betätigungsfeld. Sie organisierten nicht nur Wettkämpfe, sondern auch den Widerstand gegen die Briten, die die Insel 1925 in eine Kronkolonie umwandelten. 1955 blies eine rechtsgerichtete Guerilla (EOKA) zum Untergrundkrieg. Die Folgen: Bombenanschläge, Hinrichtungen und Zuspitzung des Konflikts mit den Zyperntürken. Die Briten wussten um die Rolle der Sportvereine und machten etwa 1957 das Klubhaus von Anórthossis dem Erdboden gleich. Der britische Einfluss blieb gering, Cricket wird heute nur noch in Privatschulen gespielt. Von den jüngsten historischen Ereignissen geprägt sind "Flüchtlingsmannschaften" wie Nea Salamina oder Digenis Morphou. Sie tragen die Namen ihrer Herkunftsorte, die im türkischen Teil liegen. Morphou wäre laut Annan-Plan wieder den Griechen zugesprochen worden. Das Flüchtlingsteam hätte sich bei einem doppelten Ja in den Referenden bald wieder als Heimmannschaft bezeichnen können. So ist es mehr als unsicher, ob der EU-Beitritt am 1. Mai zu der erhofften Umwandlung etwas beiträgt. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 29. April 2004, Robert Sommer)