Wer heute Information sucht, wendet sich an Google und wird mit großer Wahrscheinlichkeit schnell Auskunft finden. Aber in Hinblick auf seinen eigenen Börsengang gleicht der profitable Suchdienst in Privatbesitz dem griechischen Orakel: Zwar spuckt Google in 0,13 Sekunden 261.000 Suchergebnisse aus - aber Gewissheit, ob und wann ein IPO (Initial Public Offering) des neuen Silicon-Valley-Paradeunternehmens stattfindet, gibt es nicht.

Börsengang fix

Nach monatelangen Spekulationen scheint jetzt der Börsengang fix zu sein: Google habe dafür die beiden größten US-Investmentbanken Credit Suisse First Boston (CSFB) und Morgan Stanley beauftragt, berichtete das Wall Street Journal am Montag. Den beiden Banken winken hundert Millionen US-Dollar (85 Mio. Euro) an Gebühren für die Abwicklung des IPO, eines der größten der Geschichte.

Startsignal für eine Dotcom-2-Ära

Der Börsengang von Google könnte das Startsignal für eine Dotcom-2-Ära werden, dem weitere Technologieunternehmen folgen. Über Nacht würde aus einem Unternehmen, das vor einem Jahrzehnt noch nicht einmal existierte, ein Konzern mit erwartetem Marktwert von 25 Mrd. Dollar werden - in einer Liga mit Ebay (54 Mrd. Dollar), Yahoo (38 Mrd. Dollar) und Amazon (20 Mrd. Dollar) und wertvoller als der Sporthersteller Nike oder der Rüstungskonzern Lockheed Martin.

So sehr der Enthusiasmus von Wall Street an die Euphorie der späten 90er-Jahre erinnert, die im Crash endete - es gibt auch substanzielle Unterschiede. Google ist bereits ein profitables Unternehmen, das als Nummer eins unter den Suchdiensten im Internet seinen Wert bereits bewiesen hat. Das IPO würde den strengeren Regeln unterliegen, mit denen die Börsenaufsicht auf die Skandale der Börsenblase reagiert hatte.

Noch in dieser Woche

Die Bekanntgabe des IPO wird jedenfalls noch diese Woche erwartet, aufgrund einer von den neuen Börsenregeln gesetzten Frist. Demnach müssen nämlich auch Unternehmen im Privatbesitz mit mehr als 500 Anteilseignern und Bilanzaktiva von über zehn Mio. Dollar ihre Geschäftszahlen veröffentlichen. Google hat aufgrund der Aktienoptionen für seine rund 1000 Mitarbeiter diese Grenze überschritten und wird den Anlass zur Bekanntgabe des IPO nützen, wird erwartet.

Seine beiden Gründer, die früheren Stanford-Studenten Sergey Brin und Larry Page, würden das IPO in die Liste der reichsten Amerikaner katapultieren - Beobachter schätzen, dass die beiden zwischen einem Drittel und der Hälfte des Unternehmens besitzen. Aber auch zwei Google-Konkurrenten können sich freuen: Sowohl America Online als auch Yahoo halten Anteile. (Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 27. April 2004)