Wien - Vor exakt 150 Jahren war das Mediengetümmel sicher nicht so groß, damals am 24. April 1854, als der junge Kaiser Franz Joseph I. in der Augustinerkirche seine Cousine Elisabeth heiratete. Wer hätte damals auch geglaubt, dass nicht der Regent, sondern seine Angetraute derart als Kultfigur die Zeit überdauern würde.

Hundertschaften an Journalisten strömten Freitag in die ehemalige Kaiserstadt, um der Eröffnung des neuen Sisi-Museums in der Hofburg beizuwohnen. Von Itar/Tass über ARD, japanischen Agenturen bis zu Le Monde. Als sich dann auch noch der kroatische Rundfunk und eine korsische Presseagentur anmeldeten, ergaben sich die Organisatoren endgültig dem Hype.

Dabei wird immer wieder betont, dass die Intention des Museums exakt die gegenteilige sei: "Wir wollen die echte Person hinter dem Mythos wieder sichtbar machen", beschwört Wolfgang Kippes, Geschäftsführer der Schönbrunner Schloss-Gesellschaft. Oder, wie es Kuratorin Katrin Unterreiner formuliert: "Wir wollen den Mythos darstellen, befreit von Klischees."

Denn ganz ohne Rummel kann so etwas nicht gelingen - nur ergänzen kann man. Dunkel und eng ist der Anfang dieser Spurensuche ausgefallen, ob er sich im autobusweisen Ansturm bewähren wird, mag sich jetzt zeigen. Die Inszenierung von Rolf Langenfass beginnt mit dem Tod der Kaiserin - mit ihrer Totenmaske. Schließlich war die Ermordung im Jahr 1898 auch die entscheidende Zäsur in der Legendenbildung.

"Unser Logo zeigt einen Schattenriss, eine schwarze Silhouette, wie sie zu Lebzeiten von der Bevölkerung wahrgenommen wurde", erläutert Unterreiner. "Sie hatte als seltsame Frau in der Öffentlichkeit gegolten - und dieses Bild änderte sich schlagartig mit ihrem Tod."

Tatsächlich hatte die Revoltierende, die sich vom Hof Distanzierende, die sich den Linken Heinrich Heine als Lieblingsdichter erkor - tatsächlich hatte diese Sisi genug Seltsamkeiten, die es darzustellen gilt.

Flucht ohne Ziel

Ihre Flucht ohne Ziel, ihr Schönheitskult, ihr Schlankheitswahn. Wobei Unterreiner der These widerspricht, Sisi sei magersüchtig oder habe an Bulimie gelitten. "Sie hat gut und gern gegessen, Schokolade, Sorbet" - dann wiederum habe sie sich in die nächste Diät gestürzt. Auch die Entenpresse zum Ausquetschen des Kalbfleisches wird gezeigt.

Die Unrast wird dargestellt mit Hilfe eines peniblen Salonwagen-Nachbaus, den das Technische Museum beisteuerte. Ihr Schöngeistern wird über ihre selbst gestrickten Gedichte dokumentiert: "Ich eil' ins Reich der Träume, Mein Meister, da bist Du, Es jubelt meine Seele Begeistert schon Dir zu".

Und dann nach all dieser eigenbrötlerischen Düsterkeit - "Ich breite trauernd aus meine Schwingen" - der Übertritt in jenes Reich, dem sie zeitlebens entfloh: Die helle, repräsentative Pracht der Kaiserappartements. (DER STANDARD, Printausgabe vom 24/25.4.2004)