München - Boykott, Zwangsbesteuerung und Enteignung: Eine Ausstellung im Münchner Stadtmuseum zeigt bis zum 30. Mai Stationen der wirtschaftlichen Ausbeutung jüdischer Geschäftsleute im nationalsozialistischen München. In knapper Form verdeutlicht "München arisiert", ein Gemeinschaftsprojekt von Kulturreferat und Stadtarchiv, die schrittweise Entrechtung der Gewerbetreibenden bis hin zu ihrer Deportation. Besonderes Augenmerk legen Ausstellung und Begleitprogramm auf die Profiteure des administrativen Raubzugs.

Rund 1800 Betriebe waren 1937 in jüdischer Hand, zwei Jahre später hatten alle den Besitzer gewechselt. Rückführungen an die legitimen Eigentümer gab es nach 1945 nur selten - kaum einer wollte in die "Stadt der Bewegung" zurückkehren. Im Begleitprogramm zur Ausstellung werden Führungen durch München angeboten, die hinter die Fassaden großer Kaufhäuser blicken lassen und deren düstere Geschichte von zerbrochenen Schaufenstern, zertrümmerten Waren und Zwangsverkäufen offenbaren. Einige Unternehmen bieten zusätzlich kleine Ausstellungen über ihre nationalsozialistische Vergangenheit an.

Staatlicher Raubzug

"Der staatliche Raubzug hat weitgehend unter den Augen der Öffentlichkeit stattgefunden", sagte Kulturreferentin Lydia Hartl bei der Ausstellungseröffnung am Donnerstag in München. Manche seien bis heute Nutznießer. Die Vermögensverwertungsstelle in München habe in typisch nationalsozialistischer Administrations-Akribie jegliches Eigentum in jüdischer Hand protokolliert und versteigert, berichtete Stadtführer Axel Drecoll.

"Jeder Socken, jedes Hemd, jede Tischlampe und jeder Sessel" sei dabei einzeln erfasst worden, genauso wie das Guthaben eines deportierten Kleinkindes in Höhe von weniger als zwei Reichsmark. (APA/dpa)