Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/Paulo Whitaker
Für die meisten Europäer wird es in Zukunft mehr und mehr zum Alltag gehören, ihren Körper als Ausweis zu benutzen. Nach Einschätzung von Experten ist der Fortschritt von biometrischen Identifizierungsmethoden nicht mehr aufzuhalten, auch wenn sich die Einführung eines entsprechenden EU-Ausweises aus technischen Gründen verzögert. Im bundesdeutschen Alltag gibt es bereits einige Anwendungen der Technologie, von der sich Polizisten und Politiker ein deutliches Sicherheitsplus erhoffen. Datenschützern bereitet aber die mögliche massenhafte Speicherung von Fingerabdrücken, Iris-Merkmalen oder Gesichtsformen Sorgen.

Zwei Systeme im Test

Allein am Frankfurter Flughafen werden derzeit zwei Systeme getestet: Nahezu 5.000 Vielflieger haben beim Bundesgrenzschutz ihre Iris fotografieren lassen, um an der Grenze automatisch und damit schneller abgefertigt zu werden. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) persönlich hat die Anlage in Betrieb genommen, die das Auge des Reisenden mit dem vorher abgegebenen Muster vergleicht. Lufthansa- Crews und Mitarbeiter des Flughafenbetreibers "Fraport" nehmen an einem Versuch teil, bei dem die Konturen des Gesichts zum Abgleich der Identität dienen.

Ein ähnliches Projekt gibt es bereits seit 2002 am Flughafen im australischen Sydney, in die Vereinigten Arabischen Emirate kann man ohne Iris-Check nicht mehr einreisen. Im privatwirtschaftlichen Bereich ist man auch in Deutschland bereits weiter: Man kann mit dem Fingerabdruck Hotel- und Autotüren öffnen, Computer kaufen und sogar sein Bier bezahlen, nämlich im Heilbronner Biergarten "FoodCourt". Der Zoo Hannover hat für seine Dauergäste Europas größte Anlage zur automatischen Gesichtskennung in Betrieb genommen. Die Fachzeitschrift "ct" beziffert den weltweiten stark wachsenden Umsatz mit Biometrie-Produkten auf 1,5 Milliarden US-Dollar, in der Hauptsache für Zugangskontrollen zu Sicherheitsbereichen.

Maschinenlesbarer Ausweis

Die terror-geschädigten US-Amerikaner hatten ihre an einem visa-freien Reiseverkehr interessierten Bündnispartner gehörig unter Druck gesetzt, indem sie bis Oktober dieses Jahres einen maschinenlesbaren Ausweis mit gespeicherten biometrischen Merkmalen verlangten. Inzwischen ist die Frist auf den 1. Jänner 2006 verlängert worden, vor allem wegen der Abstimmungsprobleme bei den Daten-Standards. Der Biometrie-Experte Christoph Busch vom Darmstädter Fraunhofer-Institut ist Mitglied in den zuständigen Kommissionen und optimistisch: "Für die EU ist 2006 erreichbar. Die Standards werden voraussichtlich im Mai 2005 fertig sein."

Busch rechnet damit, dass die Euro-Ausweise auf Chips die Fingerabdrücke und Gesichtsmerkmale ihres Eigentümers enthalten werden, da es bei dem sicheren Iris-Verfahren erhebliche Patentprobleme gebe. An der Grenze genügt dann ein Blick in eine Kamera oder ein Fingerabdruck auf einen Scanner, um zu überprüfen, ob Pass und Reisender tatsächlich zusammengehören. Der Abgleich mit Fahndungsdateien könnte in Sekundenschnelle ablaufen, weshalb der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) die neue Technik für unverzichtbar hält.

Unbehagen bei den Datenschützern

Gerade die Technologie der Gesichtskennung bereitet den Datenschützern aber Unbehagen. Denn mit der Technik können an gut ausgeleuchteten Stellen größere Menschenmengen nach Einzelnen abgescannt werden. Besonders leistungsfähig sind die elektronischen Gesichtssucher noch nicht, aber Thilo Weichert, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz aus Kiel, erwartet "einen Schub dieser Technologie zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006".

Ihm missfällt, dass die Kontrollierten nichts davon merken, dass sie gerade vermessen werden. Aus datenschutzrechtlicher Sicht gefährlich wäre zudem die Sammlung der biometrischen Daten aller Bürger und nicht nur der Straftäter in so genannten Verbunddateien.(APA/dpa)