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Innenminister Strasser sorgt erneut für Aufregung in Sachen Asylpolitik

foto:reuters/bader
Wien - Innenminister Ernst Strasser (V) hat mit einem Interview in der Mittwoch-Ausgabe der "Salzburger Nachrichten" einmal mehr für eine massive Verstimmung der Caritas gesorgt. Caritas-Präsident Franz Küberl wies am Mittwoch scharf Strassers Kritik zurück, dass der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser am Karfreitag für den Minister nicht zu erreichen war. Und zur Strasser Aufforderung, in Pfarrhöfen oder Stiften Flüchtlingsquartiere zur Verfügung zu stellen, betonte Küberl, dass dies bereits geschehen sei - und per Gesetz der Innenminister für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig sei.

Strasser hatte sich in den "SN" "verwundert" darüber gezeigt, dass Kothgasser für ihn am Karfreitag nicht zu erreichen gewesen - aber gleichzeitig für die "ZiB" zu sprechen gewesen sei. Es habe noch vor Ostern in Gesprächen mit dem Ministerium das Angebot eines Treffens vom Erzbischof gemeinsam mit der Caritas an Strasser gegeben. "Doch muss der Katholik Strasser wissen, dass der Erzbischof am Karfreitag eine Menge an Verantwortungen und Verpflichtungen hat und an diesem Tag andere Aufgaben während der Vorbereitung auf die Osterliturgie Vorrang vor Telefonaten haben", hielt Küberl dem entgegen.

"Unwahr" sei Strassers Behauptung, Kothgasser habe der "ZiB" ein Interview gegeben. "Vielmehr wurde in der ZiB nur aus einem bisher unbeantwortet gebliebenen Brief von Erzbischof Kothgasser und Präsident Küberl an den Bundeskanzler zitiert."

Die Caritas habe seit dem "Weihnachtsfrieden" zu ihren 1.500 bereits bestehenden Plätzen mehr als 200 weitere Plätze für Flüchtlinge geschaffen - darunter auch viele in Pfarrhöfen und anderen kirchlichen Einrichtungen. "Trotzdem kann dieses kirchliche Engagement nicht darüber hinweg täuschen, dass der Innenminister laut Gesetz verpflichtet ist, für die Unterbringung von hilfsbedürftigen Flüchtlingen zu sorgen", merkte Küberl an: "Wenn also Familien mit Kindern auf der Straße stehen, weil keine Plätze mehr vorhanden sind, hat das Ministerium versagt und erfüllt seinen gesetzlichen Auftrag nicht."

"Reine Polemik" nannte Küberl die Strasser Aussage, die Hilfsorganisationen seien durch ihre "Predigten" für einen größeren Zustrom an Flüchtlingen schuld. "Richtig ist, dass die Caritas keine Einwanderungspolitik betreibt und noch nie einen Flüchtling nach Österreich eingeladen hat." Und Faktum sei, dass die Caritas unter Aufbietung all ihrer Kräfte dem Bund seit Jahren helfe, damit Hilfe suchende Asylwerber nicht auf der Straße stehen müssen.

Grüne üben scharfe Kritik

Scharfe Kritik an Strasser übte am Mittwoch die Grüne Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits: Strasser agiere zynisch gegenüber den Asylsuchenden, den Ländern und der Caritas. Dass er als zuständiger Minister die Unterbringung von Asylwerbern von Pfarren und Klöstern erwarte, zeige, "dass er beim Thema Asyl sich selber entsorgt hat". Die Verantwortung trage laut Gesetz das Innenministerium. "Strasser gibt damit unverhohlen zu, mit dem Thema nichts zu tun haben zu wollen. Dann stellt sich die Frage, warum er das Ministeramt noch ausübt", so Stoisits in einer Aussendung.

Strassers Aussagen im "SN"-Interview über den Salzburger Bischof Alois Kothgasser würden zeigen, "dass der Innenminister nur Öl ins Feuer gießen will". Die andauernde Misere in der AsylwerberInnenbetreuung habe ungeahnte Ausmaße erreicht. "Strasser verweigerte die Verantwortung zur Unterbringung seit Monaten und noch vor dem 1. Mai, an dem die Länder dafür verantwortlich werden, schiebt er die Flüchtlinge an die Länder ab", kritisierte Stoisits.

SPÖ: "Indiskutable Anwürfe"

Als "indiskutable Anwürfe" bezeichnete am Mittwoch SPÖ-Menschenrechtssprecher Walter Posch die Kritik Strassers. Besonders die Behauptung, die Hilfsorganisationen würden "jeden, der ein besseres Leben will" ins Land locken und damit die Unterbringungs-Misere gleichsam selbst verschuldet haben, "erboste" Posch.

"Für die Tatsache, dass der Innenminister den Asylbereich nicht im Griff hat, die Hilfsorganisationen mit ihren vielen Freiwilligen - noch dazu in derart untergriffiger Weise - verantwortlich zu machen, ist eine Vorgehensweise, die jeder Kritik spottet", meinte er gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Strasser könne sich als das für den Asylbereich zuständige Regierungsmitglied nicht aus seiner Verantwortung stehlen.

SOS Mitmensch: "Ein Laptop macht noch keinen Manager"

Auch die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch wies Mittwoch die verbale Angriffe von Strasser auf die kirchlichen Hilfsorganisationen scharf zurück. "Wir sind es langsam leid, dass Strasser immer bei den anderen Schuld sucht, statt zu handeln", so SOS-Sprecher Philipp Sonderegger in einer Aussendung. Er hielt Strasser "kommunikative Fehler in der Asylpolitik" vor: "Ein Laptop macht noch keinen Manager."

Sonderegger sieht Strasser in der "politischen Sackgasse". Der einzige Ausweg daraus wäre ein unumstößliches Bekenntnis des Ministers zur Verpflichtung, alle Asylwerber auf Dauer des Verfahrens unterzubringen. Mit dem entsprechenden politischen Willen wäre die Unterbringungsmisere innerhalb weniger Wochen lösbar, ist SOS Mitmensch überzeugt.

ÖVP-Sicherheitssprecher sagt nichts zur Kritik Strassers

ÖVP-Sicherheitssprecher Günter Kössl hat die Kritik der Grünen Menschenrechtssprecherin Terezija Stoistis und von SOS Mitmensch an Strasser zurückgewiesen. Zu den Aussagen von Caritas-Präsident Franz Küberl, der Strassers Kritik an den kirchlichen Hilfsorganisationen und am Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser im "Salzburger Nachrichten"-Interview zurückgewiesen hatte, äußerte sich Kössl in seiner Aussendung nicht. (APA/red)