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Ein US-Söldner sichert den Schauplatz eines Anschlags

Foto: Reuters/Aziz
Graphik: Standard
"Ich nenne sie unsere schweigenden Partner in diesen Kampf", sagt US-Senator John Warner, seines Zeichens auch Vorsitzender des Streitkräfteausschusses im Kapitol. Das Problem ist nur, dass die "Partner" seit dem Beginn der Aufstände und Geiselnahmen im Irak aus der Grauzone gerückt sind und nun ein neues Licht auf die US-geführte Besatzung des Irak werfen.

Rund 20.000 bewaffnete Dienstnehmer diverser Sicherheitsunternehmen aus den USA, Großbritannien oder anderen europäischen Staaten - in aller Regel ausgebildete frühere Soldaten - sind derzeit im Irak beschäftigt und stellen damit in Wahrheit das zweitgrößte "militärische" Kontingent hinter den US-Truppen (135.000) und vor der britischen Armee (11.000). Ob seine viel beschworene "Staatenkoalition" im Irak angesichts der Größe der privaten Söldnertruppen nicht eher eine Art Schaufensterveranstaltung sei, wollte ein Reporter vom US-Präsidenten wissen, als George W. Bush vergangene Woche die seltene Übung einer Pressekonferenz im Weißen Haus absolvierte. Bush wich der Frage aus. Man solle die Leistung "unserer Freunde" im Irak nicht kleinreden, meinte der Präsident.

Sie heißen "Blackwater" oder "Hart Group", "Rubicon International" oder "Global Risk Strategies". Sie werben für bewaffnete Einsätze, als ob es um professionelle Hilfe bei Autopannen geht, und enden oft genug in Situationen, die dem schnell hingesudelten Skript eines Actionfilms entsprungen sein könnten: 14 Stunden brachten vier Männer von "Hart" vor zwei Wochen auf einem Hausdach in der südirakischen Stadt Kut zu und wehrten sich gegen zehnmal mehr Angreifer. Ein fünfter Mann sei von den Aufständischen getötet, seine Leiche später von einem Mob zerstückelt worden, berichtet ein "Hart"-Manager in der New York Times - ähnlich wie in Falluja, wo vier "Blackwater"-Männer umgebracht und ihre Leichen spektakulär geschändet worden waren. Für die Sicherheitsdienste ist die Linie zwischen regulärem Kampfeinsatz einer Armee und privatem Schutz für Unternehmen und deren Mitarbeiter mittlerweile verwischt. Sie wollen eine klarere Unterstützung durch die US-Armee.

"Ernste Fragen"

Mehr als bei jedem anderen militärischen Konflikt, in den die USA in den vergangenen Jahren engagiert waren, habe das Pentagon beim Management des Nachkriegs-Irak auf private Firmen zurückgegriffen, sagen Sicherheitsexperten. Auch Politiker empfinden das nun als Problem. "Sicherheit herzustellen in einem Gebiet, das unter feindlichem Feuer steht, ist eine klassische militärische Aufgabe", mahnte US-Senator Jack Reed, ein Demokrat, vergangene Woche in einem Brief an Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Diese Aufgabe an private Auftragnehmer weiter zu delegieren werfe "ernste Fragen" auf. Eine der "ernsten Fragen", die sich in diesem Kontext auch ständig stellen, ist die der rechtlichen Verantwortung der Sicherheitslegionäre - in Bosnien sollen sich etwa Mitarbeiter einer US-Firma ein Zubrot im Sexbusiness verdient haben. In Neuseeland ist gar ein Gesetz in Vorbereitung, das das Söldnertum überhaupt unter Strafe stellt.

Für ihr Risiko werden die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirmen respektabel honoriert: Für banale Schutzdienste ohne höhere Organisationsleistungen werden als Minimum 7000 Euro pro Monat bezahlt, bei höher qualifizierten Jobs kann es durchaus auch das Doppelte sein.

Wie viel die Branche weltweit umsetzt, ist nur schwer zu beziffern, zumal Diskretion bei dieser Art von Geschäft enorm wichtig ist. Peter Singer, ein auf Sicherheitsdienste spezialisierter Mitarbeiter des US-Think-Tanks "Brookings Institution", geht aber von etwa 100 Milliarden Dollar aus, die Regierungen weltweit für solche Dienstleistungen entrichten. Ein Wachstumsmarkt sind sie auf jeden Fall: Inzwischen sollen mehr Veteranen des britischen SAS weltweit für Private im Einsatz sein, als die Eliteeinheit überhaupt noch aktive Soldaten hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.4.2004)