Illustration: Der STANDARD/Schopf

Unter Anspannung von Körper und Geist die Kurve zwischen der Klagenfurter Nordumfahrung und der Wörthersee-Autobahn zu fahren, das entspannt Gerda E. Moser. "Man kann sich da so dynamisch reinlegen", sagt die Wissenschafterin, die sich mit Theorien des Vergnügens beschäftigt. Sie vergisst nicht zu betonen, dass das nichts mit Raserei zu tun habe, sondern mit Präzision, Dynamik und Genuss.

Das Kurvenfahren gibt sie in ihrem Curriculum ebenso an wie ihr von der Akademie der Wissenschaften zuerkanntes Habilitationsstipendium und - Kochen. Kochen und Kurven werden nicht zufällig ins Gespräch gebracht: "Ich spiele mit meinem Image." Das heißt, mit Geschlechterrollen zu spielen. Kurven und Auto wird mit "Mann" assoziiert, Kochen mit "Frau" - und beides nicht mit "Wissenschafterin".

Alles was Vergnügen bereitet, fasziniert Moser. Das bezieht sich nicht auf ihre persönlichen Vorlieben zur Freizeitgestaltung - es ist ihr wissenschaftlicher Forschungsgegenstand. Zur Zeit erarbeitet sie darüber ihre Habilitation. Sie schafft einen Überblick über moderne und postmoderne Theorien des Vergnügens. Die Definitionen Adornos, Bordieus, Freuds oder Postmans klopft sie vergleichend ab und stellt sie einander gegenüber.

Für die Germanistik-Absolventin ist es wichtig, den Begriff "Vergnügen" von "Glück" und "Freude" abzugrenzen. "Man kann etwa nicht davon ausgehen, dass Konsum(-vergnügen) Glück und Freude verschafft." Anhand der Mega-Resorts in Las Vegas vollzieht sie die Faszination, die für viele Menschen von der Spielerstadt ausgeht, nach. Die Shows, die dort geboten werden, böten bombastische Seh- und Hörerlebnisse. Das schaffe im Gegensatz zur "hohen Kunst", die auf derartige Inszenierungen meist herablassend blicke, "eine hohe Dichte" für den Betrachter. Im kommenden Wintersemester hält sie zu dem Thema am Germanistik-Institut der Uni Klagenfurt eine Lehrveranstaltung. Sie ist dort bereits seit vielen Jahren Lektorin und Drittmittelforscherin.

Die 1964 im Sternzeichen Waage Geborene liebt es zu diskutieren. Kein Wunder, sie sieht sich als "intervenierende Wissenschafterin mit aufklärerischem Anspruch". Deshalb ist sie "mit meinen Eltern sehr zufrieden", die hätten Diskussionen zu Hause gefördert.

Angeeckt ist sie in der Schule, weil die Lehrerin sie schlechter beurteilte, als sie selbst es für verdient gehalten hat. Der Widerspruch reizt sie, und er verschafft ihr Energie - solange es sachlich zu geht. Untergriffige Debatten meidet sie. Schließlich sei sie um Ausgleich bemüht. Halt, mahnt Moser, das sei nicht mit "Harmonie" zu verwechseln. In der Harmonie stecke Naivität und Verdrängung. Das sei nun ihre Sache nicht.

Aus allem ausklinken kann sich die Nichtraucherin - abgesehen vom Kurvenfahren - beim Spazieren. Sie geht täglich mindestens eine dreiviertel Stunde. "Wenn ich im Wald spaziere, denke ich nicht." Das bewahre sie davor, sich als "Geistesarbeiter zu überarbeiten". (Andrea Waldbrunner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18. 4. 2004)