Rom - Nach dem Mord am 37-jährigen Fabrizio Quattrocchi haben sunnitischen Freischärler damit gedroht, alle 48 Stunden eine der drei verbliebenen Geiseln zu töten, falls Italien seine Truppen nicht aus dem Irak abziehe. Regierungschef Silvio Berlusconi schloss Verhandlungen mit den Kidnappern kategorisch aus. Es werde jedoch alles getan, um das Leben der Geiseln zu retten, so der Premier. Italienische Diplomaten und Geheimdienstler versuchten bisher vergebens, über sunnitische Geistliche und Stammesführer Kontakte zu den bisher unbekannten Grünen Brigaden herzustellen. Auch über Syrien laufen Kontakte, und selbst der Vatikan hat sich als Vermittler angeboten.

Familie italienischer Irak-Geisel blockierte aus Protest Bahnlinie Gebetsgruppen und Fackelzüge zur Befreiung der entführten Italiener Unterdessen haben Familienangehörige und Freunde der im Irak entführten Geisel Salvatore Stefio am Freitag eine Stunde lang die Bahnlinie Ravenna-Rimini blockiert. Sie demonstrierten damit für die Entlassung des 34-jährigen Stefios, der seit Montag vermisst wird.

In Catenanuova, dem sizilianischem Heimatort der Familie Stefio wurde aus Solidarität zu den Angehörigen der Entführten ein Fackelzug organisiert.

Die italienische Regierung steht wegen der Handhabung des Geiseldramas unter erheblichem Druck. Die regierungsfreundliche Zeitung Libero bezeichnete es als beschämend, dass Berlusconi trotz der Ereignisse in seiner Villa in Sardinien Urlaub machte und sein Stellvertreter Gianfranco Fini zum Tauchen am Roten Meer weilte. Dass Quattrocchis Familie die Todesnachricht aus dem Fernsehen erfuhr ist ebenso Gegenstand massiver Kritik wie die Teilnahme von Außenminister Franco Frattini an einer Talkshow zum Thema. Die oppositionellen Grünen forderten Frattinis Rücktritt.

Unterdessen wird Quattrocchi von den Medien zum Helden hochstilisiert. "Er starb als italienischer Held", erklärte Frattini. Der Außenminister bezog sich auf das Videoband der Erschießung, auf dem der 37-Jährige aus Genua zu seinen Mördern sagt: "Ich zeige euch jetzt, wie ein Italiener stirbt." Die vier Männer wurden offenbar Opfer einer sorgfältig geplanten Entführung. Die Freischärler kannten die Nummer des Autos, mit dem jene von Bagdad nach Amman unterwegs waren. Über die Tätigkeit der vier Entführten sind vorerst keine Details bekannt. Quattrocchi arbeitete für das private Sicherheitsunternehmen Ibsa, gegen das die Staatsanwaltschaft Genua jetzt ein Ermittlungsverfahren eröffnet hat. (red/APA/mu/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.4.2004)