Wien - Alois List, Kontrollamtsdirektor der Stadt Wien, möchte "in keinem dieser Pflegeheime untergebracht sein". Besuchen hat er sie aber müssen, die Pflegeheime der Stadt Wien. Denn nach dem Bekanntwerden des "Pflegeskandals" wurde er sowohl von Bürgermeister Michael Häupl (SP) als auch von der Opposition (VP, SP, Grüne) beauftragt, sich die Zustände in den Heimen anzusehen.
Gestern, Donnerstag, sagte List dazu vor der Untersuchungskommission im Rathaus aus. Diese Kommission soll Hintergründe und die politische Verantwortung zum Zustand des Pflegewesens in Wien klären.
Obwohl List sich nicht vorstellen kann, selber einmal in einem Heim der Stadt Wien versorgt zu werden ("Meine Ansprüche sind andere."), betont er, dass er und seine Mitarbeiter bei den Kontrollen in den Heimen "keinen Skandal" ausmachen konnten. Man habe "sehr gut, gut und ausreichend" versorgte Heimbewohner und Patienten vorgefunden. Von "gefährlicher Pflege" könne keine Rede sein, wiederholte List die Ergebnisse aus seinen Kontrollamtsberichten vor der U-Kommission. Zugegeben, es gebe bauliche Mängel, die die Pflege erschweren, aber daran werde ja gearbeitet. Es wurde begonnen, die Achtbettzimmer im Geriatriezentrum "Am Wienerwald" aufzulösen und kleinere Einheiten zu schaffen.
Dass die Empörung über angeblich mangelhaft gepflegte Menschen in den vergangenen Monaten so hoch schlagen konnte, hält List für eine Folge des gesellschaftlichen Wandels. Man beginne wegen der Überalterung der Bevölkerung vermehrt darüber nachzudenken, wie man mit alten Menschen umgehe. Was früher in der Pflege als guter Standard gegolten habe, sei heute nicht zeitgemäß. Daher habe auch der Bericht der Aufsichtsbehörde (im Sommer 2003) für so viel Aufsehen gesorgt. In diesem war von einer Frau K. die Rede, die in einem Zimmer untergebracht war, "das olfaktorisch keinen guten Eindruck machte".