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Zlatko Zahovic

Foto: REUTERS/Darrin Zammit Lupi
Ljubljana - Wie schön die Slowenen zanken können, wissen seit der WM 2002 auch jene Fußballfans, die keine Ahnung haben, wo das Land überhaupt liegt.

Der Streit zwischen Nationaltrainer Srecko Katanec und dem Star Zlatko Zahovic wurde zum schönsten Drama der WM. Zahovic hatte den Trainer, der ihn auswechselt hatte, beim Hemd gepackt, der hatte schon zum Schlag ausgeholt. Katanec ließ es am Ende bei der Geste bewenden, aber die Medien hatten ihren Skandal. Weniger Beachtung fand, dass Slowenien unter den 32 teilnehmenden Nationen mit Abstand die kleinste war.

Für die Weltstars, die Slowenien in ungewöhnlich großer Zahl hervorbringt, wird das kleine Heimatland rasch zur Provinz. Ein Star wie Zahovic, Stürmer bei Benfica Lissabon, lässt sich von einem Nationaltrainer eben nicht so einfach aus dem Spiel nehmen. Wo der Starkult nicht so weit geht, sind sie noch erfolgreicher. Slowenien durfte im Jänner die Handball-EM ausrichten, wurde Zweiter und hat gute Chancen, demnächst den Vorsitzenden des europäischen Verbandes zu stellen. Die Namen der Spitzenspieler sind ebenso bekannt wie die der Topfußballer. Aber während die besten Kicker allesamt im Ausland ihr Geld verdienen, nährt sich die Handball-Equipe aus der eigenen Liga. Sogar Profis aus Norwegen und Dänemark spielen hier. "Handball ist der Sport der Kleinstädte", sagt Janko Dvrosak vom Olympischen Komitee. Die starken Teams kommen aus Orten wie Celje, Velenje, Slovenj Gradec, Trzic oder Skofja Loka, von denen manche kaum 10.000 Einwohner haben. Auch Basketball, Volleyball und Eishockey sind populär. Im nordöstlich gelegenen Prekmurje wird rund um Murska Sobota sogar Feldhockey gespielt.

Handball und Basketball waren auch die Spitzensportarten des untergegangenen Jugoslawien - Disziplinen, in denen die baumlangen Montenegriner und Herzegowiner einen Startvorteil hatten. In allen postkommunistischen Staaten hat der Sport seit der Wende einen Niedergang mitgemacht. In Slowenien nicht. "Wir waren ja auch kein richtiges kommunistisches Land", erklärt Miro Cerar, Turnerfunktionär und bekannter Anwalt. "Im Ostblock war der Sport vor allem eine Staatsmaschine, und seine Rolle ist mit der des Staates geschrumpft."

In Slowenien dagegen habe der Sport von jeher auf einer soliden Vereinsbasis beruht. Vor allem die großen Firmen, die in Jugoslawien eine gewisse Autonomie genossen, traten und treten als Sponsoren auf. Überall wird gekickt, geworfen, gerannt, geturnt: Jeder Siebte ist Mitglied eines Sportvereins. Historisch am erfolgreichsten sind die Turner. Bereits zu Lebzeiten eine Legende war Leon Stukelj, der vor dem Ersten Weltkrieg noch für Österreich-Ungarn den Barren erklomm, 1924 in Paris, 1928 in Amsterdam und schließlich 1936 in Berlin Olympiasieger wurde. Stukelj starb erst 1999, knapp nach seinem 100. Geburtstag. Funktionär Cerar, heute 65, war in den Sechzigern der Star des Seitpferds und holte 1964 in Tokio und 1968 in Mexiko-Stadt die Goldene. Spitzenleistungen liefern Slowenen außerdem im Rudern, das vor allem auf dem Bled-See, aber auch auf der Adria und der Drau gepflegt wird, und im Schießen: 2000 in Sydney holte sich Rajmund Debevec die Goldmedaille.

Im alpinen Skisport herrscht zurzeit eher Flaute; an die Erfolge eines Jure Franko oder eines Bojan Krizay in den Achtzigern knüpft niemand an. Im Skispringen haben die Slowenen trotz einiger Schanzen in Planica auch schon bessere Zeiten erlebt. Primoz Peterka gewann 1996 und 1998 den Gesamtweltcup, die Bronzemedaille der Mannschaft bei Olympia in Salt Lake City 2002 bildete den letzten großen Erfolg. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 15. April 2004, Norbert Mappes-Niedik)