Wien - Die Katastrophe kommt im Jahr 2004 beschleunigt. Als Ana (Sarah Polley) von der Arbeit nach Hause fährt, ahnt sie noch nichts. Das Radio überhört sie. Im Einfamilienhaus wartet jedoch bereits die untote Tochter, die ihre Zähne in den Hals ihres Vater verkeilt. Und als Ana in Panik die Flucht ergreift, ist bereits die gesamte suburbane Nachbarschaft zur Fleisch fressenden Community mutiert.

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Dawn of the Dead, Zack Snyders Remake des - nicht nur unter Horrorfilm-Connaisseuren - legendären zweiten Teils (1978) von George A. Romeros Zombie-Trilogie, setzt mit einer apokalyptischen Überwältigung an, die - am ehesten an das Chaos nach Terroranschlägen gemahnend - direkt in die Credits übergeht: Da überlagern sich dann Bilder realer TV-Schreckenszenarien, während Johnny Cash "The Man Comes Around" anstimmt.

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Das ist vielleicht oberflächlich und stylish, sicher jedoch effizient. Und so symptomatisch für einen jungen Regisseur aus der Werbebranche wie für eine Reihe neuerer Horrorfilme wie The Blair Witch Project oder auch 28 Days Later, die sich dem Genre des körperlichen Grauens - abseits von dummdreisten Teenieslasher-Komödien - wieder etwas ernsthafter und auf der Höhe der gegenwärtigen technologischen Möglichkeiten annehmen.

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Romeros Dawn of the Dead - am 24. und 30. 4. übrigens im Österreichischen Filmmuseum zu sehen - war nicht nur deshalb einer der Höhepunkte des Splatterfilms, weil er einen forschenden Blick unter die menschliche Haut riskierte und dabei doch immer erkennbar künstliche Organe entdeckte - da er eine Shoppingmall als Schauplatz des Geschehens wählte, wo er den Figuren einen letzten Aufschub vor dem Tod gewährte, konnte er auch als Kritik an der spätmodernen Konsumgesellschaft gelesen werden: Zombies wurden mit hirnlosen Einkäufern gleichgesetzt.

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Snyder behält zwar die Rahmenbedingungen bei - auch hier findet sich eine Gruppe Überlebender, allesamt am Original orientierte Prototypen, in einer imaginären Konsumlandschaft wieder: der afroamerikanische Cop (Ving Rhames), die schwangere Frau (Inna Korobkina), ein Mall-Security-Guard (Michael Kelly), usw. Der Schauplatz wirkt im Remake jedoch eher wie ein fernes Zitat. Er dient mehr als strategischer Ort des Rückzugs, als vielseitiger Aktionsraum, denn als wirksame gesellschaftliche Metapher.

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Was Znyder dem Original hinzufügt, ist vor allem Tempo - und darüber hinaus ein paar gelungene Abweichungen. Zunächst sind die Zombies keine stolpernden, unbeholfenen Monster mehr, die erst in der Häufung zur wahren Bedrohung werden: Sie haben zu laufen gelernt. Diese Neuerung zeigt die Richtung des Remakes an - nicht länger beherrscht das Warten auf den Tod die Inszenierung (wie bei Romero), sondern die Abfolge von Gegenmaßnahmen, die mitunter auch schön sarkastisch ausfallen: etwa, wenn auf das Zombie-Heer im Rahmen eines Look-alike-Wettbewerbs geschossen wird oder sich, an anderer Stelle, eine Mutanten-Kleinfamilie abzuzeichnen beginnt.

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In seiner Verbindung von "cheap thrills" - wobei die Schockmomente an Glaubwürdigkeit durchaus gewonnen haben - und einer in keiner Weise geschwächten Situation der Ausweglosigkeit bleibt Znyder allerdings dem Geist Romeros treu. Selbst als ein paar Überlebenden im auffrisierten Bus die Flucht zu gelingen scheint, wird mit einer Motorsäge noch eine blutige Referenz an einen anderen Horrorklassiker gesetzt.

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Und ganz zuletzt übernimmt das Medium Video die Aufgabe, eine Grußbotschaft an jene zu überbringen, die noch leben: an uns, im Kino.
Ab Freitag
(Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 4. 2004)

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