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Walter Nettig räumt seinen Sessel - wer auf ihm Platz nimmt, soll in Wirtschaftsbund und Kammer schon bald entschieden werden - Vier Kandidaten werden kolportiert

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader
Wien - Das Tauziehen um die Nachfolge des Wiener Wirtschaftskammerpräsidenten Walter Nettig kommt in die heiße Phase - derzeit hängen noch vier inoffizielle Kandidaten am Seil: Die derzeitige Vizepräsidentin Brigitte Jank, Fritz Aichinger, Chef der Wiener Handelssparte, Georg Toifl von der Bundessparte Gewerbe und Handwerk sowie Josef Bitzinger, Obmann der Wiener Sparte Freizeitwirtschaft.

Der Tradition folgend wäre Aichinger als Handelsvertreter Nettigs logischer Nachfolger. Doch damit könnte diesmal gebrochen werden. Dass Jank derzeit gute Karten hat, "pfeifen ja schon die Spatzen von den Dächern", weiß sogar der freiheitliche Vizepräsident Karl Ramharter. Jank wird als Kammerfunktionärin gute Arbeit attestiert - auf der anderen Seite verfügt sie allerdings über keine ausgeprägte Parteienverankerung. Einer ihrer Vorteile könnte sein, dass sie erst seit einem Jahr im Präsidium ist und daher noch mit höheren Beliebtheitswerten reüssieren kann. Dass sie aus der Immobilien-Fachgruppe kommt, deren Vorsitzende sie ist, könnte gegenüber den Gewerbetreibenden hingegen weniger vorteilhaft sein.

Die Wiener Front

Gleichzeitig wird mit Nettigs Nachfolge über eine weitere Front vorab entschieden: Setzt die Wiener Wirtschaftskammer ihren Kurs der Kooperation mit der Stadt Wien fort - oder setzt sie in Zukunft eher auf Opposition. Hier gilt Toifl von seiner Persönlichkeitsstruktur tendenziell als Mann der Konfrontation. Aichinger gilt eher als konsensorientiert - und böte den Vorteil, dass er die Wiener Politik wie seine Westentasche kennt.

Einer der vier Kandidaten hat sich jedenfalls bereits im vordersten Vorfeld quasi selbst aus dem Spiel genommen: Josef Bitzinger hatte nach Nettigs Ankündigung, sich zurückziehen zu wollen, verkündet, er werde als Nettig-Nachfolger antreten und rechne nicht mit Gegenkandidaten. Wenige Tage später musste Bitzinger das neben Nettig sitzend öffentlich wieder zurücknehmen - es sei noch alles offen, hieß es da. Wer nun tatsächlich antreten wird, soll in nächster Zeit entschieden werden.

Finz' Irrtum

Nettig hatte am 23. März im Wirtschaftsbund angekündigt, er werde bei den nächsten Wirtschaftskammer-Wahlen 2005 nicht mehr kandidieren. Wiens VP-Chef Alfred Finz hatte dies in einer Aussendung irrtümlich gleich als "überraschenden Rücktritt" von allen Funktionen verstanden (DER STANDARD berichtete).

Derzeit wird gemutmaßt, dass die Ablöse Nettigs schon bald vollzogen werden könnte: Ein möglicher Termin wäre die Sitzung des Wirtschaftsparlamentes Anfang Juni. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 14.4.2004)