Passionsbild am Tag der Klinikeröffnung: Mit ihm zog moderne Kunst aus dem Weinviertel ins neue Weinviertler Schwerpunktspital ein.

Foto: Weinviertel Klinikum

Mistelbach – Im Krankenhaus habe das Leiden seinen fixen Platz, betont der Künstler Hermann Nitsch. Das Leiden und die Erlösung: die Heilung, im medizinischen Sinn.

Hier komme auch das Blut ins Spiel, der rote Körpersaft, der die einen fasziniert, die anderen schockt: "Denken Sie nur an einen schweren Verkehrsunfall, an die Menschentrauben, die da herumstehen", sagt der Erschaffer des – ohne (Tier-)Blut undenkbaren – Orgien- und Mysterientheaters.

Blut, Leiden und Erlösung: Das sind die Themen des Nitsch-Gemäldes, das seit wenigen Wochen im Mistelbacher Weinviertel-Klinikum hängt. Das 30.000 Euro teure Kunstwerk – vier mal sechs Meter groß, mit blutigroten Farbsträhnen und zwei rot durchtränkten weißen Hemden versehen – sei "ein Passionsbild" im christlichen Sinne, erläutert der Künstler. Doch die Emotionen manchen Betrachters sind nicht von der religiösen Sorte.

"Eine Rotkreuzhelferin beschwerte sich, sie müsse an dem Bild Menschen in Hemden vorbeitragen, die mit echtem Blut durchtränkt sind", schildert Ewald Schingerling vom NÖ-Anzeiger. Seine Bezirkszeitung läuft seit Wochen gegen "das Blutbild" Sturm. Da werden empörte Klinikbesucher zitiert: "Ein wilder Fleischhacker, der Nitsch."

Mistelbachs Bürgermeister Christian Resch (VP) reagiert kleinlaut: "Nitsch malt auch Bilder in Orange und Gelb. Für die Klinik hätte man besser ein solches genommen." Er fürchtet einen Skandal rund um das Werk "des renommiertesten Weinviertler Künstlers". Eine Anfrage der FP an Landeshauptmann Erwin Pröll wegen des Gemäldes nährt seine Angst. Doch Nitsch will es zum Skandal gar nicht kommen lassen: "Wenn man mich beleidigt, nehme ich das Bild wieder zurück." (bri/DER STANDARD, Printausgabe, 13.4.2004)