Der Volksmund sagt, dass ein Mann drei Dinge im Leben tun muss: ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Baum pflanzen. Wessen Bemühungen bisher daran scheiterten, dass kein Garten zur Verfügung stand, der könnte es mit Bonsai versuchen. Denn diese fernöstliche Methode, einen Baum oder Strauch in einem Gefäß zu kultivieren, lässt sich durchaus auch bei heimischen Gehölzen anwenden.

Obwohl das Wort Bonsai aus dem Japanischen kommt - Bon steht für Topf oder Schale, Sai für Baum -, wo die Bonsaikultur ihre Hochblüte entwickelte, stammt diese alte Kunst doch ursprünglich aus China, wo sie "Penjin" genannt wird. Ziel ist es, Miniaturbäume bis circa 80 cm Höhe zu erhalten, ohne die faszinierenden Proportionen und den Charakter eines großen, alten Baumes zu verlieren.

"Wichtig ist es, den Unterschied in der Behandlung von Laub- und Nadelbäumen zu kennen", erklärt Erich Csar vom Botanischen Garten Wien. "Dann kann man aus allen heimischen winterharten Gehölzen selbst Bonsai ziehen."

Da Laubbäume generell schneller wachsen als Nadelbäume, erfordern sie früher und öfter Schnitte und andere Pflegemaßnahmen wie Umtopfen. "Die Faustregel ist: Nadelbäume machen weniger Arbeit, brauchen aber entsprechend länger in ihrem Wachstum", berichtet Csar.

Wer heute mit der Bonsaikultur beginnen will, ohne eine "fertige" Pflanze zu kaufen, die/der nehme einen Anzuchttopf und lege zwei bis drei Samenkörner hinein (besonders hartkörnige wie Kiefer vorher über Nacht in Wasser einweichen). Besonders geeignet sind laut Czar "Ahornarten, Buchen, Haselnuss und Ginkgo sowie Lärche, Berg-, Schwarz- und Zirbelkiefer". Kräftig gießen, Substrat schön feucht halten. Nach zwei bis vier Wochen kommt ein Keimling hervor.

Anfangs macht ein Bonsai wenig Arbeit, sie beschränkt sich auf Gießen und Düngen. Erst nach drei Jahren wird bei Laubbäumen mit der Gestaltung begonnen: Sie werden umgetopft, wobei man die Wurzeln und den Stamm auf ein Drittel der gewünschten Endhöhe zurückschneidet. "Bei Nadelbäumen muss man nach vier bis fünf Jahren erstmals umtopfen und die in der Mitte wachsende, dicke Pfahlwurzel auf ein Drittel zurückschneiden", so Czar. "Die Krone darf weiterwachsen."

Bei Laubbäumen müssen mehrmals jährlich die neuen Triebe auf ein bis zwei Blätter gekürzt werden; umgetopft wird mit kräftigem Wurzelrückschnitt alle zwei Jahre. Bei Nadelbäumen zwickt man nur einmal im Jahr die Neutriebe ("Kerzen") mit den Fingern oder einer Schere bei etwa der Hälfte ab; Umtopfen genügt alle fünf bis sechs Jahre. Dabei ganz wichtig: "Unbedingt etwas alte Erde in die neue Schale geben, denn Nadelbäume leben in Symbiose mit einem weißlichen Pilz, ohne den die Pflanze stirbt", warnt Csar.

Näheres über die Bonsaikultur verrät Erich Csar nächstes Wochenende bei einer Schau im Botanischen Garten, bei der auch der Alpengarten Belvedere mit heimischen Bonsai vertreten ist und die Arche Noah eine Raritätenbörse biologischer Jungpflanzen präsentiert. (mth, DER STANDARD, Printausgabe vom Sa./So./Mo., 10./11./12. April 2004)