Garantiert kitschfrei und authentisch urlauben: die Basilius-Kathedrale hinter dem Pool am türkischen Strand.

Foto: Bentour
Wenn die mediterrane Sonne nicht wäre - man könnte sich wirklich im Zentrum von Moskau wähnen: Russische Prunkarchitektur, russische Schriftzeichen und jede Menge Russen, die sich in ihrer Muttersprache unterhalten, kennzeichnen den "Kremlin Palace" bei Antalya. Das Resort ist das Flaggschiff des türkischen Hotel- und Klubbetreibers Bentour. Ganz im Geiste von Las Vegas hat der Reiseanbieter versucht, hier mit einer getreuen Nachbildung von Kreml und Basilius-Kathedrale eine geografische Illusion zu erzeugen.

Bloß dort, wo man den Roten Platz vermuten würde, findet sich ein Schwimmbad mit Liegestühlen: Neben dem in Klubs auf der ganzen Welt üblichen Schwimmen, Bogenschießen und Anbandeln in der nächtlichen Disco gehört daher auch das Sich-fotografieren-Lassen zu den wichtigsten Tagesaktivitäten der Hotelgäste - wobei die Bilder des hauseigenen Fotografen mit Kreml im Hintergrund allerdings nicht in der ansonsten recht großzügigen Klubpauschale von "World of Wonders" inkludiert sind.

Verspielt und luftig

Den Russen, einer rasch wachsenden Zielgruppe für den Türkei-Tourismus, gefällt es, während es die Europäer in das benachbarte Topkapi zieht. Das etwas ältere Schwesternhotel des Kremlin Palace ist ebenso verspielt, wirkt aber luftiger, weniger monumental und natürlich auch authentischer als die Zarenburg am Sandstrand. "Es ist nicht jedermanns Geschmack", räumt Gürsel Erel, Bentour-Geschäftsführer in Österreich, ein, verweist aber auf die vielen anderen World-of-Wonders-Clubs, in denen man abseits von Märchenarchitektur einfach nur Urlaub genießen kann.

Auch innerhalb des falschen Kreml wird der russische Stil durchgehalten, mit viel Samt, Plüsch und falschen Goldverzierungen. Die meisten der fast 900 Zimmer halten das, was die Fassade und die Fünf-Sterne-Kategorie versprechen - viel Platz, flauschige Kissen und Marmorbad.

Besonders gelungen ist der Wellnessbereich, der finnische Sauna und türkisches Bad mit amerikanischen Fitnessmaschinen kombiniert, während bei der Esskultur das Russland-Thema - außer dem unvermeidlichen Café Puschkin - kleingeschrieben wird: Selbst Russen speisen lieber japanisch, mexikanisch oder italienisch - die einschlägigen Spezialitätenrestaurants sind allesamt in der Kathedrale untergebracht.

Schlangestehen

Für den Nachwuchs stellen eher die Hallen mit den vielen Tischfußballtischen und Playstations eine den Eltern nicht immer genehme Verlockung da, während die Computer mit Internetanschluss eher dünn gesät und daher ständig besetzt sind. Doch auch Schlangestehen sind etwas ältere Russen bekanntlich gewohnt.(Eric Frey Katinka Nowotny, Der Standard, Printausgabe, 13.04.2004)