Zockerparadies Ebreichsdorf.

Ebreichsdorf - Wer unbedingt zur Rennbahn will, findet auch hin. Kein Hinweis auf der Autobahn, von der Bundesstraße führt eine winzige Abzweigung zu einem umweltbedacht grün gestrichenen Tor, ein Spalier von historisierenden Gaslicht-Elektro-straßenlampen, blauer Kunstdünger auf dem Asphalt. Alles kein Problem.

Wie in einem Armeecamp liegen die acht pipifeinen Ställe links und rechts der Zufahrt, davor der Parkplatz, quasi Appellplatz, das Mistkübelspalier, dahinter die Koppeln. Das Laternenspalier verliert sich im Dunst der Ferne, wo das Little Big Capitol des Tribünenbaus die drei Rennbahnen überblickt.

Frank Stronach hat ins Ex-Naturschutzgebiet sein Racino gebaut, für seine geliebten Pferde und den Pferdewett-und Automatenglücksspielbetrieb. Die andere Amerika-Exklave der Oberwaltersdorfer Magna-Europazentrale liegt nicht weit weg.

Mehr zu verdienen

380 Pferde leben in den mit hellem Holz und großen Fenstern ausgelegten Ställen. Rob Borghuis, 42, ist mit seinen zwölf Pferden von der Krieau hierhergezogen. "Hier gibt es mehr zu verdienen", sagt er. "Die Dotationen sind um 30 Prozent besser, es gibt Koppeln, die gab es in der Krieau bis vor kurzem nicht." Die Mindestrenndotation beträgt 2800 Euro, in der Krieau 1800. Ein Trainer wie er hackelt sieben Tage in der Woche, während 52 Wochen. Frau? Ja. Kinder? Nein. "Aber was weiß man?"

Seit sieben Jahren arbeitet er in Österreich, das Racino ist das Beste, was dem Rennsport hier passieren konnte, sagt der Trabertrainer. "Ich finde es wichtig, dass die Krieau in Wien auch bleibt, Konkurrenz belebt das Geschäft."

Der Rennsportdirektor des Racino, Herbert Ripel, hat in den 600 Boxen bereits 380 Gäule stehen, sagt er. "Mehr als 450 will ich nicht, ich brauch' 150 Plätze für Gastpferde." Einem Besitzer kommt ein Pferd im Racino auf rund 750 Euro, inklusive Box, Fütterung, Bewegung, Trainergebühr. Es gibt zu jedem Stall eine Führmaschine (150 Euro/Monat), die von den Trainern in der Krieau jahrelang eingemahnt und jetzt gebaut wurde. Fast alle Koppeln (kleine: 80, große: 120 Euro/ Monat) sind vermietet. Ripel will den Stallbereich demnächst kostendeckend führen.

Am Minipalmenhaus wandern Traber und Galopper zu den Rennbahnen (Gras, Sand, Sand). Der Rennbetrieb ist die zweite Firma. Die Spielautomaten werden in einigen Monaten freigegeben, bis dahin wird der Betrieb wohl ein Defizitbringer der Magna Entertainment Corporation bleiben, die laut Stronach für die Errichtung des Areals rund 75 Millionen Euro aufwendete. Jenseits der schneeweißen, sicher wetterresistenten Plastikzäune erstreckt sich das "Naturdenkmal", der imagemäßig aufgewertete Rest des Wasserschutzbiotops. Stronach, der gegen Krieau, Freudenau und Baden antritt, hat noch Raum flüssig, für eine Festwiese, weitere Parkplätze.

Ein Trainer wie Borghuis genießt die Bewegungsfreiheit hier, die Sonne, die Zugkraft der neuen Unternehmung. Er hat zwei Jahre lang in Amerika für den damals größten Rennstall, William Haughton, gearbeitet, als in Holland das Renngeschäft schlecht war, übersiedelte er nach Österreich. Die Konkurrenz wird immer ärger, sagt er, die Besitzer sparen bei der Zucht, da kann man das Racino nur begrüßen. Aus dem Fenster seiner kleinen Wohnung im Stall (150 Euro/Monat) sieht er in die Boxen (pro Stück 55 Euro/ Monat) seiner Pferde. "Das ist auch für Europa was Besonderes." Wenn er nach einem Renntag nicht mehr durch den Stau auf der Süd nach Hause will, bleibt er bei seiner Safiria Oklea. Vielleicht dankt sie ihm mit dem Sieg im Derby.(Johann Skocek, DER STANDARD Printausgabe 13. April 2004)