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Johannes Mario Simmel feierte am 7.April 2004 seinen 80. Geburtstag

FOTO: APA/CHRISTOPH RUCKSTUHL
Wien - Sieben Pseudonyme, so heißt es, waren nötig, um den Lesern der deutschen Illustrierten Quick den immensen Zeilenausstoß des Jungjournalisten Simmel nicht höchst verdächtig erscheinen zu lassen. Das war Anfang der Fünfzigerjahre und der studierte Chemiker und gebürtige Wiener Johannes Mario Simmel gerade mal Mitte zwanzig. Er schrieb Reisereportagen, verfasste naturwissenschaftliche Serien ebenso wie historische, beriet die prüde Nachkriegsgesellschaft zudem in der wöchentlichen Sexual-Kolumne.

Sollte die Geschichte nicht wahr sein, wofür übrigens wenig spricht, so ist sie gut erlogen. Oder eleganter formuliert: gut fantasiert. Und der vielseitig begabte Jungautor eine echte Simmel-Figur.


36 Filme, 30 Romane

Zumal er, mangelnder Schreib-Auslastung vorbeugend, parallel die Drehbücher zu nicht weniger als 36 Filmen aufs Papier warf - darunter etwa Hotel Adlon oder Es geschehen noch Wunder. Nicht zu vergessen die vier dickleibigen Romane dieser Jahre, die den Grundstein legten zu späterem Ruhm, so Gott schützt die Liebenden (1956) und Affäre Nina B. (1958). Beide wurden selbstredend verfilmt.

1960 schließlich betrat Thomas Lieven die Simmel-Welt, jener smarte Geheimagent, dessen Leinwand-Charme im Körper O.W. Fischers die Welt bald erlag. Und der in Buchform - Es muss nicht immer Kaviar sein wurde Simmels erfolgreichster Roman - bis heute 30 Millionen Auflage in über 30 Sprachen erreichte. Genug jedenfalls, um auch einem Autor mit Hang zu großzügigem Lebensstil die finanzielle Unabhängigkeit zu ermöglichen. Weshalb fortan nur mehr vom Bestseller-Autor Johannes Mario Simmel die Rede sein wird.

- Dessen journalistischem wie filmischem Können sich gleichwohl wichtige Qualitäten seiner Bücher verdanken: technisch betrachtet die brillante Schnitttechnik der Szenen, Montage und Cut. Inhaltlich aber die sorgfältige Recherche der Themen.


Liebe und Aufklärung

Denn im Simmel-Kosmos sind Aufklärung und Romantik nicht länger Antipoden, sie präsentieren sich innig verschlungen. Nicht immer Kaviar, stets aber ausreichend Küsse und Katastrophen enthält der Erfolgs-Teig, aus dem Simmel Bücher bäckt.

Und wie zu Quick-Zeiten, als der Wissenschafts-Serientäter den Sexkolumnisten ausstach, zeugen auch seine Romane primär vom gesellschaftskritischen Spürsinn des Sozialdemokraten, dessen Großvater zu den Gründern der Partei in Deutschland zählte und dessen Vater 1938 als Jude aus Wien zu emigrieren gezwungen war.

Der Handel mit biologischen Waffen (Und Jimmy ging zum Regenbogen, 1970) war früh ein Simmel-Thema, auch die Gefahren der Genmanipulation (Doch mit den Clowns kamen die Tränen, 1989) oder die globale Umweltzerstörung (Im Frühling singt zum letzten Mal die Lerche, 1990).

Dank der Liebe aber verkauften sich die düsteren Themen. Bis in die Gegenwart, in der Johannes Mario Simmel den achtzigsten Geburtstag feiert. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.4.2004)