Der frühere Bürgermeister der türkischen Stadt Diyarbakir und Ehemann der inhaftierten türkisch-kurdischen Politikerin Leyla Zana hatte im Oktober 1992 vor einem Ausschuss des Europaparlaments über die Zerstörung kurdischer Dörfer durch türkische Soldaten berichtet. Er warf der Türkei vor, die Kurden und ihre Kultur systematisch zu unterdrücken. Anschließend wurde er in der Türkei wegen "separatistischer Propaganda" zunächst zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. 1995 reduzierte ein Staatssicherheitsgericht diese Strafe auf zwei Jahre.
Nach Auffassung des Straßburger Gerichtshofs war das Strafmaß unangemessen, zumal sich Zana als "Akteur des politischen Lebens in der Türkei" geäußert habe. Das Verfahren rügte der Gerichtshof als parteiisch, weil damals in den türkischen Staatssicherheitsgerichten Militärrichter vertreten waren.
Mehdi Zanas Frau Leyla wurde 1994 wegen Unterstützung der verbotenen bewaffneten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt. Aufgrund der Reformen in der Türkei, die einen Beitritt in die EU anstrebt, wurde der Prozess im vergangenen Jahr neu aufgerollt. Das Urteil soll am 21. April gefällt werden. Trotz wiederholter Appelle von Europarat und Europaparlament lehnte die türkische Justiz eine Haftverschonung für die 42 Jahre alte Kurdin ab.
Türkei erneut für Übergriffe von Sicherheitskräften verurteilt
Außerdem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei für gewaltsame Übergriffe türkischer Sicherheitskräfte 1993 im Südosten des Landes verurteilt. Wie das Gericht am Dienstag in Straßburg mitteilte, muss Ankara den 32 Klägern wegen zahlreicher Vergehen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention Entschädigungen von insgesamt rund 920.000 Euro bezahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann von beiden Seiten angefochten werden.