Köln - Allein die bloßen Zahlen sind riesig: Auf gut
20.000 Quadratmetern Innenstadt-Fläche werden Archäologen vom
kommenden Sommer an in Köln graben. Rund 120.000 Kubikmeter Erdreich
müssen dazu in den nächsten vier Jahren akribisch durchforscht, bis
zu 13 Meter mächtige Fundschichten aus sieben Jahrtausenden zwischen
Jungsteinzeit und Preußen-Ära mit Pinsel und Spachtel abgetragen
werden. Die Kosten der Grabungen sind auf 15 Mio. Euro angesetzt.
Für die erwarteten "gigantischen Fundmengen" aus den Eingeweiden
der seit zwei Jahrtausenden kontinuierlich besiedelten
Rhein-Metropole ist schon jetzt eine ganze Etage des Museumsdepots
frei geräumt, schildert der Kölner Archäologe und Projektleiter
Marcus Trier. Die Kölner Mega-Grabung wird zusammen mit dem Athener
U-Bahnbau und der Erforschung des Grand Louvre in Paris zu den
größten innerstädtischen Archäologie-Kampagnen des Kontinents
gehören.
Retten, was zu retten ist
Grund für das Projekt ist nicht etwa übermütige Schatzsuche: Kölns
Verkehrsbetriebe planen bis 2010 eine neue U-Bahntrasse, die auf vier
Kilometern vom Hauptbahnhof nach Süden die City durchschneidet.
Generell bohren sich die U-Bahn-Bauer wie Maulwürfe horizontal unter
den geschichtsträchtigen Erdschichten durch, doch an elf künftigen
Haltestellen durchstoßen die Bauarbeiten logischerweise "das
Bodendenkmal Köln", beschreibt Marcus Trier.
Dank genauer topographischer Kenntnisse der römischen Colonia,
detailreicher mittelalterlicher Stadtansichten und preußischer
Kataster starten die Wissenschaftler ihre "U-Bahnfahrt" durch die
Historie keineswegs ahnungslos: Das antike Hafentor als bedeutendes
Baudenkmal wird von der Trasse ebenso berührt wie der Römerhafen,
riesige Tempel- Unterbauten im damaligen Nobelviertel ebenso wie der
frühmittelalterliche Marktplatz. Reste eines Augustinerklosters
liegen am Weg, dann folgt wenige U-Bahnstationen weiter die völlig
untergangene Umwehrung der Stadt von 1106. Die massive Stadt-Mauer
von 1180, einst gewaltiger Schutz der mittelalterlichen "Boom-Town"
am Rhein, kommt dann den Stadt-Archäologen genauso vor den Spaten wie
eine preußische Artillerie-Bastion im Süden der Kölner City. (APA/dpa)