Unlängst, anlässlich der Ausstrahlung des unsagbar kitschigen Schmachtfetzens namens „Chocolat“, wurde mir ein Umstand gewahr, der mir Kopfzerbrechen verursacht: Warum sind Filme, bei denen es um Essen und Kochen – die über die Zubereitung und den Verzehr eines Sandwiches hinausgehen – immer unendlich tragisch, traurig, hoffnungslos und erschütternd? „Das große Fressen“, zum Beispiel, Mutter aller Fress-Filme, ein Meisterwerk an Sinnlichkeit, subtiler Erotik, französischer Küche in barocker Pracht und eigenartigen Selbstmordpraktiken – am Schluss sind (fast) alle tot; „Tampopo“, die unglaublich witzige und treffsichere Karikatur japanischer Ess-Spleens: Die Hauptdarstellerin kommt nach mühevoller Rituals-Lehre, Recherche und Bewusstseinsbildung zwar zu ihrem Suppengeschäft, ihre Lehrmeister entschwinden aber am Horizont, außerdem stirbt in einer Parallelgeschichte eine Mutter, und der Vater nötigt die Kinder, das letzte von ihr zubereitete Essen hinunterzuwürgen, und dann wird am Schluss auch noch der schöne Gentleman-Verbrecher und Gastronomie-Philosoph erschossen, träumt im Todeskampf vom gebratenen Darm von mit Süßkartoffeln gefütterten Schweinen; „Eat, Drink, Man, Woman“, einer der traurigsten Filme, die es überhaupt gibt, wiewohl einer der schönsten natürlich auch, und vor allem einer, der einem die Kanton-Küche sehr viel drastischer näherbringt als alle China-Restaurants dieses Landes. Über die Handlung möchte ich hier nicht sprechen, ich muss dann immer zu Weinen anfangen; dann war da unlängst so ein Film, der von zwei italienischen Brüdern handelte, die in New York ein Restaurant betreiben und aufgrund der kompromisslosen Qualitäts-Philosophie des genialen Koch-Bruders gnadenlos gegen Pseudo und Junk abstinken – auch sehr traurig, hab auch hier schon mal mehr gelacht; Vor nicht allzu langer Zeit kam dann da ja auch so ein halbguter deutscher Film in die Kinos, der von einer toughen, alleinerziehenden Köchin und Restaurantbesitzerin handelte, deren komplizierte, französische Küche gegen die unmittelbare Kochkunst ihres italienischen Mitarbeiters ebensowenig eine Chance hatte wie ihre Gefühle gegen die Attraktivität des schönen Südländers – tragisch bei diesem Film vor allem die völlig enthemmte Verwendung von Klischees und die Verschwendung von Filmförderung.

Der Koch, Babette, die Ramen-Köchin, der chinesische Meisterkoch – alles tragische Figuren

Weiters fällt mir da so ein ziemlich guter Krimi ein, (englisch, nehm ich mal an, hat bei uns dank der Übersetzung von Wenzel Lüdecke oder Arena Synchron Berlin „Prost, Mahlzeit“ geheißen) handelte von einem Restaurantkritiker, der das beste Menü der Welt kürte, und dann miterleben musste, dass all seine Lieblingsköche, einer nach dem anderen, nach Art ihrer Spezialgerichte umgebracht wurden. Aus Gram fraß er sich dann vor den Augen seiner Assistentin, die die Morde aus Liebe zu ihm beging, zu Tode;

Na und dann natürlich noch „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“, neben „Die Toten der Seine“ und „Drowning by Numbers“ mein Lieblingsfilm von Greenaway, so opulent, so prächtig inszeniert, aber wirklich positiv kann man den beim besten Willen nicht bezeichnen; letztendlich dann noch der absolut hervorragende und wahrscheinlich beste Koch-Film überhaupt, „Babettes Fest“ nämlich, irgendwie wahrscheinlich sogar Vorbild für den unsäglichen „Chocolat“-Schinken, aber wie unglaublich subtiler, präziser, authentischer, histrorischer und auch besser gespielt – so traurig, da bleibt kein Auge trocken, absoluter Wahnsinn.

So, genug geflennt. Warum also sind alle irrsinnig guten Ess-Filme und sogar die weniger guten (und sogar die ausnehmend schlechten) immer tragisch? Aus schlechtem Gewissen der hungernden Weltbevölkerung gegenüber? Aus Schwierigkeit damit, Freude an Maßlosigkeit und ekstatischem Genuss einzugestehen? Kann ich nicht glauben, alle Regisseure und Film-Produzenten kommen ja zum Glück nicht aus dem kalvinistischen oder radikal-katholischem Eck. Weil’s sonst zu schön wäre und kaum auszuhalten? Ja, wahrscheinlich deshalb.

PS: Gerade fallen mir noch „Brust oder Keule“ und „Ente a l’Orange“ ein, beide nur in Ansätzen tragisch, eher aber sehr, sehr lustig. Bitte diese Filme als Ausnahme, die die Regel bestätigt, gelten lassen. Danke.