Der Antel Franz.

Wien – Professor Franz Antel konnte gar nicht zu uns in die Sportredaktion kommen. Wir hätten ihm sogar sein eigenes, angeblich berühmtes Krautfleisch aufgewärmt, das gibt es nämlich von Inzersdorfer in Dosen zu kaufen. Aber kein Fernsehsender dieser Welt überträgt ein Spiel der Vienna, obwohl, wenn der Tag lang ist, einiges an Unsinn gezeigt wird. Aber das traut sich kein Programmdirektor. Die Vienna brachte und bringt halt nie Quoten, dem Herrn Professor blieb und bleibt deshalb sein Krautfleisch erspart. Ein Leben hat Vor- und Nachteile zu bieten. Das hat es mit 90 Antel-Filmen gemein.

Der Regisseur sagt, er leidet seit 60 Jahren. Das hat mit der Vienna und der Hohen Warte zu tun, Hunderte Matches hat er dort gesehen, Länderspiele inklusive. "Vor 90.000 Zuschauern." Am 2. April 2004 sind es 750, Vienna trifft Oberwart, die Burgenländer haben sich am Tabellenende der Regionalliga Ost festgesetzt. Antels Platz ist der auf der Ehrentribüne zwischen Herrn Kommerzialrat Heinz "Honda" Havelka und Bezirksvorsteher Adi Tiller. Tiller fehlt unentschuldigt, im noblen Döbling fast ein Politskandal.

Als Antel sechs Jahre alt und kein Professor war, hat ihn sein Vater "verzaht". Auf den Stehplatz. "Seither bin ich Vienna-Fan. Das ist keine Krankheit." Er kickte in der Schülermannschaft als linker Flügel, von 1962 bis 1966 war er sogar Präsident der Vienna. "Präsident war ein billiges Vergnügen. Ich habe ein Kapital von 50.000 Schilling mitgebracht." Er gründete die so genannte "Hundertschaft", hundert Geschäftsleute zahlten jeweils 1000 Schilling ein. "Das war fast revolutionär."

Da die Filmerei aber doch den ganzen Herrn Antel in Anspruch nahm, legte er das Präsidentenamt nieder. Vor 52 Jahren gründete er einen eigenen Klub, den "FC Antel". Das war und ist eine lustige Partie, sie kickte während Dreharbeiten und oft für wohltätige Zwecke, man feierte Siege und Niederlagen nicht selten beim Heurigen. "Ich war ein sehr schlechter Fußballer. Meine größte Leistung war, dass ich immer 21 andere gefunden haben, die mit mir spielten."

Vienna schnürt Oberwart ein. Früher, sagt der Antel, "waren alle eine Familie. Die Kameradschaft zählte. Jetzt ist Fußball Kampf und Geld. Aber natürlich ist das Niveau international gestiegen." Kickte einst ein Schwarzer in Europa, "war das eine Weltsensation. Heute gibt es keine Vereinstreue mehr. In einer Mannschaft werden viele Sprachen gesprochen, es wird ständig gewechselt." Wer momentan der beste Fußballer der Welt ist? "Zidane von Real Madrid." Wer momentan der Beste der Vienna ist? "Gibt es keinen."

Der Untergang seines Klubs sei ein Symbol für den tristen Zustand des österreichischen Fußballs. Würde er einen Film über die Vienna drehen, hieße dieser: "Drama in Blau-Gelb". Unser Vorschlag hätte gelautet: "Die Wirtin von der Umkleidekabine". Antel lehnt die Realisierung kategorisch ab. "Denn wer will das sehen?"

Parallelen zwischen der Vienna (Gründungsjahr 1894, letzter Meistertitel 1955, Antel war natürlich dabei) und seiner eigenen Karriere (Geburtsjahr 1913, letzter Kassenschlager 1981 "Bockerer I", Antel war natürlich dabei) sieht er nicht. "Ich war kommerziell schon erfolgreicher."

Die Döblinger schnüren Oberwart immer noch ein. Endstand 0:0. Vienna ist Fünfter in der Regionalliga Ost. Antels Resümee: "Ich müsste eine Trauerrede halten. Aber man stumpft ab, das Leiden ist mittlerweile geringer, der Schmerz lässt rascher nach." Wird die Vienna je zur Erstklassigkeit zurückkehren? "Eine unpassende Frage. (Christain Hackl, DERSTANDARD Printausgabe, 5.04.2004)