Am 2. März, feierte Günter Waldorf, Gründer des Forum Stadtpark und Mitherausgeber der "manuskripte", seinen 80. Geburtstag. Im Grazer Stadtmuseum wird am Samstag eine umfangreiche Retrospektive eröffnet.


Graz - Man sprach vom "Fight des Jahrhunderts": Am 19. August 1936 schlug Max Schmeling den "braunen Bomber" Joe Lewis in der zwölften Runde k.o. "Da hab ich beschlossen, Boxer zu werden", erzählt Günter Waldorf. "'39 war ich schon Jugendmeister. Und nach dem Krieg x-facher steirischer Meister in der Bantam-Klasse." Er errang 26 K.o.-Siege; selbst ausgezählt aber wurde der junge Mann nie.

"Ich hab' ein Naturtalent zum Boxen gehabt", sagt Waldorf, der am 2. März 1924 als Günter Stessl geboren wurde. "Wie auch zum Malen. Schon als Fünfjähriger hab ich gewusst, dass ich malen werde." Doch bis er Maler wurde: "Das ist eine lange Geschichte."

Denn eigentlich ist Waldorf Lithograf. "Aber ich hab' den Beruf nie ausgeübt." 1942 musste er zudem die Meisterschule für angewandte Kunst verlassen. Waldorf kam nach Italien: "Ich war an der kämpfenden Front, aber das war ein Rückzug auf Raten." Und: "Ich war kartografischer Zeichner, habe aber vor allem Offiziersfeste arrangiert. Es war alles ganz harmlos. Ich habe die Landschaften gezeichnet."

Nach dem Krieg beendete er seine Ausbildung, 1953 gründete er in Weiz die junge gruppe. Sie hatte es nicht leicht: "In Unkenntnis der internationalen Lage war Graz natürlich im Hintertreffen." Waldorf drückt sich immer sehr bedächtig aus: Zwischen den Sätzen liegen oft riesige Pausen. "Erst durch die Gründung des Forum Stadtpark 1958-60 hat sich was geändert."

Wie es dazu kam? "Wir haben keine Ausstellungsmöglichkeit gehabt in Graz. Auf der Suche ist mir das Stadtparkcafé aufgefallen, das nur mehr ein Schuppen für das Gartenbauamt war." Waldorf stellte ein Ansuchen, doch die 30.000 Schilling, die er offerierte, waren der Stadt zu wenig: "Es ist zum Senatsbeschluss gekommen, das Café abzureißen. Da haben sich uns der Künstlerclub, der Alois Hergouth und der Schriftstellerbund angeschlossen. Erneute Ansuchen, erneute Ablehnungen, die Medien haben sich eingeschaltet. Es war ein Aufruhr. Ganz Graz war damals beteiligt. So ist es zum Widerruf gekommen."

Rund 180.000 Schilling kamen durch Benefizveranstaltungen und Straßensammlungen zusammen - "wir sind mit denselben Büchsen sammeln gegangen, die in der Nazizeit verwendet wurden". Dann begann "die Selbstarbeit am Objekt", so Waldorf: Alle Künstler, darunter auch Peter Vujica, halfen beim Umbau. Und der Kulturjournalist Emil Breisach wurde zum Präsidenten gewählt. Warum nicht er? "Ich war nur an der Kunst interessiert. Und Referent für die bildende Kunst. Bis '70."

1960 erschien auch die erste Ausgabe der manuskripte, herausgegeben von Hergouth. Ab der zweiten, nach einem Richtungsstreit, zeichnete Alfred Kolleritsch allein verantwortlich. "Der Hergouth hat sich dann zurückgezogen. Ich hab' da nichts machen können."

Seit Heft 5 fungiert Waldorf, der jahrzehntelang mit der Künstlerin Elga Maly verheiratet war, als Mitherausgeber. Obwohl er sich längst nicht mehr einbringt: "Irgendwann hat die bildende Kunst aus Kostengründen einen Rückzieher gemacht. Dabei ist es geblieben." Viele Jahre aber bestimmte Waldorf zumindest das Cover. Heft 18 (Oktober 1966) zierte ein Porträt von Peter Handke, dem soeben der Durchbruch gelungen war:

Waldorf malte ihn als Popstar mit Sonnenbrille. Das Original, im Besitz des Bundes, hängt bei Alfred Gusenbauer im Büro. Beziehungsweise derzeit im Grazer Stadtmuseum: Werner Fenz, Exdirektor der Neuen Galerie, kuratierte die bis dato größte Waldorf-Retrospektive. Sie wird heute, Samstag, um 11 Uhr eröffnet und läuft bis 11. Juli.

Seit Jahren hat Waldorf keinen Kontakt mehr zum Forum. "In der Widmungsurkunde steht, dass es ein Ort für die Jungen sein soll. Was die daraus machen, ist ihre Sache. Natürlich: Die Aufbruchsstimmung war schon Mitte der 70er dahin. Diese Dichte hat es später nicht mehr gegeben."

Für ihn aber, sagt er, hat das Forum die Funktion erfüllt: Er organisierte Ausstellungen, initiierte die internationalen Malerwochen, die drei Jahrzehnte bestehen sollten, er porträtierte die Grazer Literaten. Sein liebstes Sujet blieb aber, immer mehr ins Abstrakte gehend, die Landschaft.

1984, zu seinem 60. Geburtstag, forderte Waldorf die Gründung eines Museums für die steirische Moderne. "Und das gibt es bis heute nicht: Es ist das Kunsthaus geworden. Eine halbe Sache. Eine Ausstellungsfläche mehr in Graz, aber kaum Hängeflächen. Damit hat es sich auch schon." (DER STANDARD, Printausgabe vom 3./4.4.2004)