Die Lega Nord hat am Donnerstagabend in der römischen Abgeordnetenkammer
einen Eklat provoziert. Nach
einem verbalen Schlagabtausch suspendierte der Vizepräsident der Kammer, Publio
Fiori von der Nationalen Allianz, den Fraktionschef der Lega, Alessandro Cé, und dessen
Parteikollegen Dario Galli für
fünf Tage. Beide weigerten
sich, den Saal zu verlassen, attackierten den Vizepräsidenten als "Faschisten" und "Idioten" und forderten dessen
Rücktritt. Vier Stunden lang
hielten die Abgeordneten der
Lega die Abgeordnetenkammer besetzt und schwenkten
eine Seite der Parteizeitung
Padania mit dem lombardischen Slogan "Mai molé – tegn
dur!" (Nie nachgeben – Durchhalten!). Als Kammerpräsident Pierferdinando Casini
die Suspendierung der beiden
Lega-Abgeordneten bestätigte,
kündigte die gesamte Fraktion
an, sie werde die Arbeiten der
Kammer fünf Tage lang boykottieren. Erst nach einem Gespräch zwischen Regierungschef Silvio Berlusconi und Lega-Minister Robert Maroni beruhigte sich die Lage.
Während Berlusconi anschließend von einem "kleinen Sommergewitter im
März" sprach, bezeichnete der
christdemokratische Parteichef Marco Follini das Verhalten der Lega als "beschämenden Auftritt". Vizepremier
Gianfranco Fini bekundete
dem Stellvertenden Kammerpräsidenten Publio Fiori, der
die Abgeordneten suspendiert
hatte, seine "volle Solidarität".
Der Vorfall in der Kammer
zeigt, dass die Lega ohne Parteiführer Umberto Bossi noch
unberechenbarer ist als vorher. Spitzenpolitiker der Partei versuchen zunehmend,
sich als Nachfolger zu profilieren. Einer Umfrage des Indipendente zufolge genießt
Arbeitsminister Roberto Maroni mit 57 Prozent das größte
Vertrauen unter den Leghisti.
Fini droht Berlusconi
Vizepremier Fini hat Regierungschef Berlusconi indes
nachdrücklich vor "einseitigen Steuerkürzungen" gewarnt. "Wenn zunächst die
Steuern für höhere Einkommen gekürzt werden, haben
wir in dieser Regierung nichts
mehr verloren", drohte Fini,
dessen Verhältnis zum Premier sich jüngst massiv verschlechtert hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2004)