Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer hat am Donnerstag die Erhöhung der Tagsätze zur Bemessung der Geldstrafen in Aussicht gestellt. Die Tagsätze seien seit 1987 nicht mehr wertangepasst worden, womit eine Erhöhung um 35 Prozent angebracht wäre, argumentierte Böhmdorfer bei einer Pressekonferenz. "Zu einer Anpassung muss es kommen", so Böhmdorfer, "natürlich" bedeute dies auch insgesamt höhere Geldbußen. Mit den Einnahmen will Böhmdorfer den Opferfonds finanzieren, aus dem Opfer von Gewaltverbrechen entschädigt werden sollen.

Für den Opferfonds sind laut Böhmdorfer zehn Millionen Euro nötig. Ein Teil soll über höhere Geldstrafen, ein weiterer Teil über Regressforderungen von den Tätern finanziert werden. Eine Erhöhung der zulässigen Geldstrafen ist laut Böhmdorfer auch mit Blick auf die geplante Strafbarkeit juristischer Personen ("Unternehmensstrafrecht") nötig, um finanzstarke Täter treffen zu können: "Wir können nicht Konzerne behandeln wie Pensionisten."

Die Höhe der Geldbußen im Strafrecht ist, im Gegensatz zu den Verwaltungsstrafen, nicht pauschal geregelt, sondern bemisst sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters. Derzeit liegt der Mindest-Tagsatz bei zwei Euro, der maximale Tagsatz bei 327 Euro, woraus sich eine monatliche Höchststrafe von 9.810 Euro ergibt. Einkommensteile unter dem Existenzminimum können aber nicht abgeschöpft werden, auch Unterhaltsverpflichtungen müssen berücksichtigt werden.

Wie hoch die Erhöhung der Tagsätze genau ausfallen wird, wird laut Böhmdorfer von der Begutachtung abhängen. Einen konkreten Gesetzesentwurf gibt es nach Angaben von Sektionschef Roland Miklau noch nicht.

Grüne fordern Abschaffung der Untergrenze

Grundsätzliche Zustimmung zur Ankündigung von Justizminister Dieter Böhmdorfer, eine Wertanpassung bei den Geldstrafen vorzunehmen, kommt von den Grünen. Justizsprecherin Terezija Stoisits fordert allerdings auch die Herabsetzung bzw. Streichung der Untergrenze des Tagsatzes. "Die Inflationsanpassung bei Geldstrafen geht im Großen und Ganzen in Ordnung, sie kann jedoch über den Mangel an justizpolitischen Fortschritten nicht hinwegtäuschen", so Stoisits am Donnerstag in einer Aussendung.

Stoisits fordert eine tatsächliche soziale Staffelung bei Geldstrafen. In Deutschland beispielsweise sei die Untergrenze des Tagsatzes halb so hoch wie in Österreich. Außerdem will Stoisits die Wertgrenzen für Deliktsqualifikationen bei Vermögensdelikten wesentlich stärker als die Geldentwertung anheben, um damit der Überbewertung von Vermögensdelikten im Vergleich zu Gewalt- und Sexualdelikten entgegenzusteuern. Die Einnahmen aus Geldstrafen sollten nach Ansicht der Grünen Justizsprecherin nicht dem Finanzminister zufließen, sondern für Präventionsmaßnahmen herangezogen werden.

SPÖ dagegen

Keine Notwendigkeit für höhere Geldstrafen sieht SP-Justizsprecher Hannes Jarolim: "Die Geldstrafen werden nach derzeitiger Rechtslage ohnedies vom Richter nach der Leistungsfähigkeit des Delinquenten angepasst." Ein Opferfonds sei zwar eine unterstützenswerte Sache, aber das dafür nötige Geld sei auf Grund der ambitionierten "und völlig unnötigen" Bauvorhaben des Justizministers nicht mehr vorhanden.

In Sachen Diversion kritisiert Jarolim den "Eiertanz" Böhmdorfers in der Frage der Diversion bei Todesfolge. Der Minister fürchte offenbar Widerstand der eigenen Partei und der ÖVP und wolle sich bereits eine Rückzugsmöglichkeit eröffnen. (APA)