Wien - Die Osterfeiertage werden nicht nur Geschenke, sondern auch vermehrte familiäre Gewalt bescheren, prophezeit Kriminalpsychologe Thomas Müller. Gerade zu Anlässen wie Weihnachten oder eben Ostern nehmen Aggressionen zu, zeigen Statistiken, erklärte er bei einem Symposion der internationalen Polizeiorganisation IPA zum Thema "Gewalt in der Familie".

Dass die (Lebens-)Gefahr oft aus dem engsten Umfeld droht, zeigen auch andere Zahlen: Zwischen einem Viertel und einem Drittel aller Morde spielten sich in den vergangenen Jahren im engsten Familienkreis ab, zwischen 150.000 und 300.000 Frauen werden in Österreich jährlich von ihren Partnern misshandelt, schätzt Manfred Zirnsack von der Bundespolizeidirektion Wien.

Immer öfter rufen aber die Opfer die Exekutive zu Hilfe, weiß Zirnsack. Sprachen Beamte im Jahr 2001 noch 3283 so genannte Betretungsverbote gegen Gewalttäter aus, kam es im Vorjahr bereits 4180-mal vor, dass Täter (in den meisten Fällen sind es Männer) der Zutritt zur Wohnung oder dem Haus befristet untersagt worden ist.

Warum sonst sozial unauffällige Personen gegenüber der eigenen Familie plötzlich gewalttätig werden, hat für Kriminalpsychologen Müller übrigens zwei einfache Gründe: Die Opfer sind "verfügbar", und die Macht über sie kann auch nach der Misshandlung aufrechterhalten werden.

Er geht allerdings auch davon aus, dass eine Eskalation in vielen Fällen verhindert werden könnte. Denn noch bevor es zu Gewalttaten kommt, erreichen die Täter einen Punkt, wo sie nicht mehr mit ihrem Umfeld kommunizieren können und sich die Aggressionen immer weiter steigern - würde hier Hilfe angeboten, könnte der Ausbruch verhindert werden, zeigt sich der Experte überzeugt. (moe/DER STANDARD, Printausgabe 01.04.2004)