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Zahl der Asylanträge in Österreich Jänner 2003 bis März 2004

Grafik: APA/ R. Waxmann
Harte vier Wochen sieht Diakoniedirektor Michael Chalupka auf Asylwerber zukommen. In der Zeit bis zur Übernahme der Flüchtlingsbeherbergung durch die Länder am 1. Mai drohe aufgrund von Fehlern des Innenministeriums eine neue Obdachlosigkeitskrise.

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Wien - Michael Chalupka, Direktor der Diakonie, blickt mit Sorgen in die kommenden vier Wochen: Die Zahl obdachloser Asylwerber werde vor dem 1. Mai - jenem Termin, ab dem die Quartiersuche aus der Bundes- in Länderkompetenz übergeht - weiter ansteigen. Derzeit stehen im Osten Österreichs mehrere Hundert Flüchtlinge auf der Straße.

Deren verzweifelte Lage machte sich schon im Streit um Plätze in einer völlig überlasteten Notschlafstelle der Caritas Luft (DER STANDARD berichtete). Auch im Lager Traiskirchen kommt es immer öfter zu Zaunüberquerungen, um illegal im Lager zu übernachten, und zu anschließenden Hinauswürfen - erzählen Flüchtlingsberater.

Kein großer Neuandrang

Dabei kann von einem besonders großen Neuandrang von Asylwerbern gar nicht die Rede sein. Trotz gestiegener Asylantragszahlen im März sanken die Zahlen im ersten Quartal 2004 im Vergleich zum Vorjahr von 6237 auf 5890 (siehe Grafik). Vielmehr - so Diakoniemitarbeiter Christoph Riedl - wanderten immer weniger Asylwerber in andere EU-Staaten weiter: Eine Konsequenz der Fahndungserfolge gegen Schlepperbanden. Auch das europaweite Fingerabdrucksystem Eurodac schrecke vor dem Untertauchen ab.

Prekär sei die Unterbringungslage jedoch vor allem, weil es dem Innenministerium trotz vieler Ankündigungen und Appelle nicht gelungen ist, für ausreichend Unterbringungsplätze zu sorgen, betont Chalupka, obwohl an sich noch Plätze zur Verfügung stünden. In Kasernen etwa - eine Möglichkeit, die das Rote Kreuz dem Ministerium eröffnet hat. Doch "diese Option wurde wieder verworfen", erläutert Rotes-Kreuz-Sprecher Bernhard Jany. Ein Großteil der Bürgermeister habe die Zustimmung verweigert, die der Minister von ihnen explizit verlangt.

Ortschefentlastung

Auch in Privatquartieren, so Chalupka, seien wegen Ortschef-Vetos derzeit 350 Plätze blockiert. Aus diesem Grund ist er froh, dass eine Reihe von Bundesländern für die Zeit nach dem 1. Mai ein Abgehen von der Bürgermeisterkonsultation signalisiert hat. Ganz so, wie es Städtebundpräsident Erich Pramböck fordert, der am Dienstag in Linz einen Sozialausschuss über die künftige dezentrale Flüchtlingsbeherbergung abhielt.

Die Städte und Gemeinden sollten in die Quartiersuche "eingebunden" bleiben, entscheiden jedoch müssten in Hinkunft die Länderverantwortlichen allein, meinte Pramböck. Für Wien, Niederösterreich, das Burgenland, die Steiermark und Oberösterreich zeigte er sich zuversichtlich, dass ab 1. Mai ausreichend Quartiere zur Verfügung stehen. Probleme werde es etwa jedoch in Vorarlberg geben. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 1.4.2004)