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Gast und Gastgeber: Der deutsche Bundes-kanzler Schröder lud Afghanistans Staatschef Karsai nach Berlin. Politiker aus 56 Staaten beraten dort über den Wiederaufbau des Landes. Österreichs Außenministerin Ferrero-Waldner kam nicht und ließ sich vertreten.

Foto: dpa/Andreas Altwein
In Berlin herrscht Ausnahmezustand: Wegen der zweitägigen Afghanistan-Konferenz, die bis Donnerstag dauert, wurde Sicherheitsstufe eins ausgerufen. Rund um das Tagungszentrum kreist ständig ein Hubschrauber, Scharfschützen sind postiert und Straßenzüge gesperrt. Insgesamt sind 2500 Polizisten im Einsatz.

Zum Auftakt der Konferenz beschwor Präsident Hamid Karsai die internationale Gemeinschaft, seinem Land beim Kampf gegen Drogenanbau zu helfen. "Die Drogen untergraben die Existenz des afghanischen Staates." Das Problem sei zu groß, als dass es sein Land allein lösen könnte. Die Macht, die regionale Kriegsherren über Drogengeschäfte ausübten, sei bedrohlich. Karsai sieht dadurch den Friedensprozess gefährdet.

"Niemand will als Drogenhändler bezeichnet werden", sagte der afghanische Präsident. Die Bauern wollten ihren Lebensunterhalt lieber mit Landwirtschaft verdienen. Derzeit kommen rund 75 Prozent des weltweiten Opiumangebots aus Afghanistan. Im Vorjahr ist der Anbau von Schlafmohn sogar um acht Prozent gestiegen.

Bei der Konferenz in Berlin liegt ein Plan auf dem Tisch, wonach zuerst unter britischer, dann unter US-Aufsicht Opiumfelder zerstört werden sollen. Allerdings sind zwei Anti-Drogen-Programme der Vereinten Nationen bereits gescheitert, weil die versprochenen Ausgleichszahlungen für Bauern dazu geführt haben, dass noch mehr Schlafmohn angepflanzt wurde, um mehr Geld zu bekommen.

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder leistete sich vor dem Eintreffen von US-Außenminister Colin Powell Seitenhiebe gegen die Bush-Administration: "Die positive Entwicklung Afghanistans zeigt, was erreicht werden kann, wenn wir unsere Kräfte bündeln", sagte Schröder und hob hervor, dass - anders als im Irak - die UN eine Schlüsselrolle in Afghanistan übernommen habe.

In Berlin sind 54 Staaten präsent, darunter 20 Außenminister. Österreich ist nur auf Botschafterebene vertreten. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hatte am Mittwoch Wahlkampftermine in Salzburg.

4,4 Milliarden Dollar für ein Jahr

Die Staatengemeinschaft unterstützt Afghanistan für die nächsten drei Jahre mit 8,2 Milliarden Dollar (6,71 Mrd. Euro). Allein für das erste Jahr von März 2004 an seien 4,4 Milliarden Dollar zusammengekommen, berichtete der afghanische Finanzminister Ashraf Ghani am Mittwoch als Ergebnis der Internationalen Afghanistan-Konferenz in Berlin. Die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sprach von einem "hervorragenden Ergebnis" und einem "klaren Signal des Vertrauens und der Solidarität mit den Menschen in Afghanistan".

Mit der Zusage von 4,4 Milliarden Dollar (3,6 Milliarden Euro) für das afghanische Haushaltsjahr von März 2004 bis März 2005 sei das Ziel der afghanischen Regierung "hundertprozentig" erfüllt worden, sagte Ghani. Für die nächsten drei Jahre hatte Kabul eigentlich 11,9 Milliarden Dollar angestrebt. Hinsichtlich der nun versprochenen 8,2 Milliarden verwies der Finanzminister darauf, dass die US-Hilfen für das dritte Jahr in dieser Summe nicht enthalten seien, da sie noch vom US-Kongress genehmigt werden müssten.

USA wollen Hilfsgelder verdoppeln

Afghanistan braucht nach einer gemeinsamen Schätzung mit der Weltbank in den kommenden sieben Jahren 27,5 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau. US-Außenminister Colin Powell sagte die Verdoppelung der US-Hilfe auf gut zwei Milliarden Dollar zu. Deutschland will in den kommenden vier Jahren 320 Millionen Euro zahlen. Japan kündigte 400 Millionen Dollar und Italien 140 Millionen Euro an. Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) will mit mit einer Milliarde Dollar an Krediten und Bürgschaften helfen.

Er rechne damit, dass bis Ende des Jahres bis zu 20 Wiederaufbauteams in den afghanischen Provinzen stationiert werden könnten, sagte der Sprecher weiter. Bisher versuchen elf solcher Einheiten, die Sicherheit für den Wiederaufbau auch außerhalb der Hauptstadt Kabul zu gewährleisten. Die Bundeswehr ist mit einem Wiederaufbauteam im nordafghanischen Kundus vertreten. (APA/Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD, Printausgabe, 1.4.2004)