Chinas Behörden haben eine Woche vor dem traditionellen Totengedenktag am 4. April Angehörige von Opfern des 15 Jahre zurückliegenden Tiananmen-Massakers vorläufig festgenommen. Mindestens drei Frauen, die zur Initiative der "Tiananmen-Mütter" um die Philosophiedozentin Ding Zilin gehören, werden seit Sonntag von der Polizei festgehalten. Auch die 67-jährige Ding, die einen Besuch in ihrer Heimat Wuxi abgestattet hatte, gehört dazu. Beamte hätten ihre dortige Wohnung durchsucht und Papiere und Unterlagen mitgenommen, berichtete Dings Tochter.

Rehabilitierung und Wiedergutmachung

Der von Ding 1995 gegründeten Initiative gehören mehr als 120 Angehörige von Opfern des 4. Juni 1989 an. Sie verlangen vom Staat Rehabilitierung und Wiedergutmachung für den Tod ihrer Kinder oder anderer Familienmitglieder. Die Behörden befürchten, dass die Angehörigen Aktionen zum Qing-Ming-Totengedenktag am 4. April planen, an dem traditionell die Gräber gesäubert werden.

Die Pekinger Regierung reagierte inzwischen mit einem neuen Weißbuch "Fortschritte bei den Menschenrechten" auf jüngste Vorwürfe der USA, dass in der Volksrepublik gravierende Einschränkungen der politischen Freiheitsrechte wieder zunehmen. Peking verweist auf seine Verfassung, in die erstmals der Schutz der Menschenrechte aufgenommen wurde. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.3.2004)