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Nach fünf Monat Gefängnis zeigt sich Chodorkowski selbstkritisch.

REUTERS/KONSTANTIN KOUTSYLLO
Moskau/Bern - Der seit fünf Monaten inhaftierte russische Milliardär Michail Chodorkowski hat sich selbstkritisch über das Verhalten der neuen Reichen in Russland nach der Auflösung der Sowjetunion geäußert

Höhere Steuern auf Bodenschätze

In einem im Gefängnis geschriebenen Artikel für die Zeitung "Wedomosti" präsentierte er sich am Montag reumütig und forderte höhere Steuern auf Geschäfte mit Bodenschätzen. Sich selbst und andere Oligarchen beschuldigte er, den Armen nicht ausreichend geholfen und nicht genügend Patriotismus gezeigt zu haben.

Chodorkowski ist der frühere Chef des größten russischen Ölkonzerns Yukos. Er wurde am 25. Oktober wegen Verdachts auf Betrug und Steuerhinterziehung verhaftet. Als eigentliches Motiv wurde aber der Versuch des Kremls aufgefasst, ein Exempel an einem zunehmend politischen Einfluss suchenden Geschäftsmann zu statuieren.

Anfang des Monats entschied ein Untersuchungsrichter, dass Chodorkowski bis zu seinem Prozess im Mai in Haft bleiben muss.

"Negative soziale Aspekte"

Chodorkowski schrieb, die liberalen Architekten der Wirtschaftsreformen in den 90er Jahren hätten "negative soziale Aspekte" der von ihnen betriebenen Privatisierung ignoriert. Er und andere Oligarchen hätten die Korruption gefördert, indem sie Forderungen nach Bestechungsgelder erfüllt und auch selbst dann bestochen hätten, "wenn niemand danach gefragt hat".

Die liberalen Parteien seien deswegen inzwischen vom Wähler abgestraft worden: "Der russische Liberalismus hat eine Niederlage erlitten, weil er versucht hat, die vitalen Interessen der großen Mehrheit der russischen Bevölkerung zu ignorieren", schrieb er.

Privatisierung rechtfertigen

Chodorkowski sprach sich für höhere Steuern auf die Förderung von Öl und Rohstoffen aus, die er vor seiner Verhaftung bekämpft hatte. Es sei notwendig, "die Privatisierung vor der Nation zu rechtfertigen", schrieb er.

Schweiz sperrt Firmenvermögen

Die Schweiz hat unterdessen in der Affäre um Yukos mehrere Milliarden Franken gesperrt. Dies gab die Bundesanwaltschaft (BA) am Montag bekannt. Sie kam mit der Blockierung einem russischen Rechtshilfegesuch nach.

Bei den gesperrten Geldern handelt es sich um Vermögenswerte von natürlichen und juristischen Personen, die in das Yukos-Strafverfahren in Russland verwickelt sind. Laut der russischen Staatsanwaltschaft sind unter den blockierten Konten auch solche von Chodorkowski.

Die Anwälte des früheren Yukos-Chefs wollen die Schweizer Regierung ersuchen, die blockierten Vermögenswerte freizugeben.

Am 4. März hatte die Schweizer Bundeskriminalpolizei in vier Kantonen Firmen durchsucht, gegen die in der Yukos-Affäre ermittelt wird.

Chodorkowski wird von dem US-Magazin "Forbes" mit einem Vermögen von 15 Milliarden Dollar auf Platz 16 der reichsten der Superreichen geführt. (APA/AP/sda)