Berlin/Düsseldorf - Wenige Tage vor der nächsten Sitzung des EZB-Rates werden wieder Rufe nach einer Zinssenkung der Europäischen Zentralbank laut. "Ich war lange Zeit gegen eine Zinssenkung, aber nun ist die Zeit gekommen", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, der "Welt am Sonntag". Angesichts des abermals gefallenen ifo-Geschäftsklimaindex sei der Aufschwung nun eindeutig in Gefahr, und deshalb muss die EZB handeln.

Auch der Chefvolkswirt Europa bei der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hält eine weitere Ermäßigung des Leitzinses im Euroland für wahrscheinlich: "Die EZB scheint über die Schwäche des Aufschwungs enttäuscht zu sein und bereitet den Markt auf eine Zinssenkung vor. Diese könnte auf einer der nächsten drei Ratssitzungen beschlossen werden", zitiert "Die Welt" Mayer. Die Risiken für den Aufschwung hätten sich weiter erhöht.

Der Chefvolkswirt der Münchner HypoVereinsbank, Martin Hüfner, argumentiert zusätzlich mit den Anschlägen von Madrid, die den ohnehin schwachen Konjunkturaufschwung zusätzlich gefährdeten. Dies dürfte das Verbrauchervertrauen zusätzlich belasten, sagte Hüfner dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). Inflationsrisiken, die einer Zinssenkung entgegenstehen könnten, seien nicht zu erkennen.

David Walton, Europa-Chefvolkswirt der US-Investmentbank Goldman Sachs, vertritt laut "Handelsblatt" dagegen die Ansicht, die EZB solle nur dann handeln, wenn die harten Wirtschaftsdaten tatsächlich ein Stocken des Aufschwungs anzeigten. In einem von "Handelsblatt" und "Wall Street Journal Europe" regelmäßig befragten "EZB- Schattenkabinett" hätten sich unter dem Strich 8 von 18 Mitgliedern dafür ausgesprochen, bei der nächsten EZB-Ratssitzung am 1. April den Leitzins von derzeit 2,0 Prozent nicht weiter zu ermäßigen. (APA)