Unter dem Titel "Pflicht zum Risiko?" ist kürzlich eine neue Publikation der Armutskonferenz erschienen, welche die Ergebnisse der Armutsforschung aufzeigt: "Mindestens doppelt so viele Personen haben Anspruch auf Sozialhile als sie beantragt haben", lautet das Ergebnis auf einen Punkt gebracht.

Denn die Nichtinanspruchnahme sei enorm. Über 100 Prozent Nichinanspruchnahme bezogen auf die aktuellen SozialhilfebezieherInnen errechnet z.B. die Armutsstudie in Salzburg und Tirol, an die 100 Prozent für Österreich schätzt der Sozialrechtler Nikolaus Dimmel. Die Gründe seien Scham, Schikanen am Sozialamt, mangelnde Rechtssicherheit und Gefahren der Armutsverfestigung.

Die neu erschienene Publikation beschäftigt sich mit dem Zugang und der Qualität sozialer (Dienst)Leistungen für Einkommensschwache. Analysiert wird, wie Armut die Gesundheit gefährdet, wie eine moderne Mindestsicherung Armut vermeiden kann, wie Armut durch Erwerbsarbeit entsteht, was Armutsbetroffene zur Stärkung brauchen.

Armut macht krank

Arme sind doppelt so oft krank wie Nicht-Arme. Gesundheit hängt stark von sozialen Faktoren ab. Besonders dramatisch zeigt sich das in Gesellschaften, die ein hohe Maß an sozialer Ungleichheit aufweisen. Wie sieht die Gesundheitssituation von Wohnungslosen, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, MigrantInnen, Arbeitslosen, benachteiligten Frauen in Österreich aus? Welche Barrieren gibt es im Gesundheitssystem für Einkommensschwache, welche Entwicklung zeichnet sich ab, welche Wege führen zu einer solidarischen Gesundheitspolitik?

Zu wessen Diensten?

Der Zugang zu sozialen Dienstleistungen und deren Qualität soll für alle unabhängig von Einkommen und Herkunft gesichert sein. Die Diskussion in Europa zur Daseinsvorsorge und das WTO-Dienstleistungsabkommen (GATS) weisen in eine andere Richtung: Aus sozialem Grundrecht soll eine Ware werden, aus BürgerInnen mit Rechten und Pflichten werden KundInnen mit Geld oder eben nicht. Wie können öffentliche Dienstleistungen verbessert werden? Wie kann das gemeinnützige Engagement von NGOs für die Einkommensschwächsten abgesichert werden?

Empowerment als Pflicht?

Die einen sprechen von einer neuen „Aktivierungskultur“, die anderen von einer neuen Stufe obrigkeitsstaatlicher Innerlichkeit. Was steckt nun eigentlich hinter den Begriffen „Eigenvorsorge“, „Selbstverantwortung“, „Empowerment“? Stehen sie für mehr Freiheit oder mehr Zwang? Wo werden die Verwirklichungschancen Benachteiligter in Sozialhilfe, Beschäftigungsprojekten, Integrationsvorhaben vergrößert, wo beschnitten?

Arm trotz Arbeit

Arbeit schützt vor Armut nicht. Immer mehr Menschen arbeiten und haben trotzdem nicht genug zum Leben. Ein niedriges Erwerbseinkommen schlägt sich auch in nichtexistenzsichernden Sozialleistungen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und in der Pension nieder. Wie sieht die Qualität sozialer Jobs im Dienstleistungsbereich aus? Welche Auswirkungen hat sie auf die Qualität der erbrachten Dienstleistung? (red)