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Der ehemalige Terror-Experte des Weißen Hauses, Richard Clarke, zitiert Bush mit den Worten: "Irak! Saddam! Finden Sie heraus, ob es da eine Verbindung gibt."

Foto: REUTERS/William Philpott
Am Tag nach den Terrorattacken auf das World Trade Center und das Pentagon soll US-Präsident George W. Bush seinem damaligen Antiterrorberater Richard Clarke einen unmissverständlichen Auftrag gegeben haben: nämlich den, nach einem Zusammenhang zwischen dem Irak und Osama Bin Ladens Terrororganisation El-Kaida zu suchen: "Irak! Saddam! Finden Sie heraus, ob es da eine Verbindung gibt."

Clarkes machte sich an die Arbeit, ohne allerdings fündig zu werden. Er verfasste einen Bericht, wonach Saddam mit dem 11. September 2001 nichts zu tun habe. Prompt erhielt er seine Arbeit mit dem Vermerk "Falsche Antwort, neu schreiben" zurück.

Nicht vorbereitet

Clarke, der dem Weißen Haus unter Ronald Reagan, George W. H. Bush, Bill Clinton und George W. Bush jahrzehntelang als Antiterrorexperte zur Verfügung gestanden war, beschuldigt nun die Regierung in einem neuen Buch mit dem Titel "Against all Enemies" (Gegen alle Feinde), sie habe sich trotz wiederholter Warnungen nicht genügend auf mögliche Terrorattacken der Al-Kaida vorbereitet.

Nur Tage nach dem Amtsantritt von Bush habe er versucht, Regierungsmitgliedern die Gefährlichkeit dieser Terrororganisation vor Augen zu führen. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice habe ihm, Clarke, jedoch den Eindruck vermittelt, als habe sie noch nie von El-Kaida gehört; seinen Warnungen sei sie mit großer Skepsis begegnet.

Bei Gesprächen mit Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz habe dieser die Bedrohung durch El-Kaida verharmlost und argumentiert, der Irak sei für die Attacke auf das World Trade Center 1993 verantwortlich gewesen. Die logische Folgerung sei, dass der Irak El-Kaida bei den Attacken des 11. September behilflich gewesen sein musste.

Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe gleich nach 9/11 vorgeschlagen, den Irak zu bombardieren: "Wir haben alle gesagt, nein, nein, die Al-Kaida ist in Afghanistan", erklärt Clarke, "aber Rumsfeld konterte, in Afghanistan gebe es keine guten Ziele; im Irak gebe es gute Ziele". Clarke fügte hinzu, er habe zunächst angenommen, Rumsfeld habe einen Witz gemacht. "Sie wollten glauben, dass es eine Verbindung zum Irak gab, aber die CIA saß da, das FBI saß da, ich saß da, und alle sagten, wir haben das seit Jahren untersucht. Es gibt ganz einfach keine Verbindung."

In seinem Interview mit dem CBS-Nachrichtenmagazin "60 Minutes" erklärte Clarke - er hat das Weiße Haus im vergangenen Jahr verlassen -, sein Buch sei keineswegs politisch motiviert; er habe nur seiner Empörung Ausdruck geben wollen, dass sich Bush im Wahlkampf mit seinen Erfolgen im Kampf gegen den Terrorismus brüstet: "Er hat den Terrorismus monatelang ignoriert, zu einem Zeitpunkt, wo wir möglicherweise etwas tun hätten können, um 9/11 zu stoppen. Vielleicht. Das werden wir nie wissen."

Ohne Clarkes Namen zu erwähnen, aber dennoch in der eindeutigen Absicht, den Schaden, der durch seine Vorwürfe entstehen könnte, zu begrenzen, hat indes Sicherheitsberaterin Rice am Wochenende einen Gastbeitrag für die Washington Post geschrieben. Darin behauptet sie, dass die Bush-Regierung die Terrorgefahr, die von der El-Kaida ausgeht, immer bitterernst genommen habe. Sie habe von Anfang an weit reichende strategische Pläne entworfen, um dieser Gefahr entsprechend zu begegnen. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.3.2004)