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Jack Kelley

Foto: APA/epa/Ho
Nach den Betrugsfällen bei der "New York Times" erschüttert ein weiterer Skandal die US-Presselandschaft: Reporter Jack Kelley, hoch dekoriert und fünf Mal für den Pulitzer-Preis nominiert, hat brisante Storys für "USA Today" einfach erfunden, berichtet "Spiegel Online" am Sonntag.

Kelley soll sich wichtige Teile von mindestens acht großen Reportagen für die Zeitung "USA Today" ausgedacht haben. Das sind die Ergebnisse einer Untersuchungskommission, die das Blatt eingesetzt hat. Unter den 729 Artikeln, die Kelley zwischen 1993 und 2003 für die Zeitung schrieb, seien "journalistische Sünden" von beträchtlichen Ausmaßen.

Rollende Köpfe

Unter anderem berichtete der Reporter von einem Selbstmordanschlag auf eine Pizzeria in Jerusalem. In der Story hatte Kelley geschrieben: "Drei Männer, die drinnen gerade ihre Pizza aßen, wurden aus ihren Stühlen geschleudert. ... Als sie auf dem Boden aufschlugen, lösten sich ihre Köpfe von den Körpern und rollten die Straße herunter", berichtet die US-Zeitung "Los Angeles Times". Der Autor habe behauptet, die Augen in den abgetrennten Köpfen hätten noch gezwinkert.

Bei "US Today" indes ist unklar, wie Kelley den Zwischenfall überhaupt beobachtet haben will. Der Reporter habe etwa 30 Meter entfernt mit dem Rücken zur Pizzeria gestanden, als die Bombe hochging. Nach Behördenangaben sei außerdem bei dem Anschlag niemand geköpft worden.

"Ungeheuerlichste Missetat"

Als Kelleys "ungeheuerlichste Missetat" bezeichnete die Untersuchungsgruppe einen Vorfall aus dem Jahr 2000. Der Journalist hatte ein Foto von einer kubanischen Hotelangestellten für eine Lügengeschichte über eine Frau benutzt, die bei ihrer Flucht mit dem Boot ums Leben gekommen sein sollte. Tatsächlich war die Frau nicht geflohen, zudem äußerst lebendig und von einem Reporter Anfang des Monats ausfindig gemacht worden.

Fünf mal für Pulitzer-Preis nominiert

Jack Kelley arbeitete seit 21 Jahren für die Zeitung und war persönlicher Günstling des "USA Today"-Gründer Al Neuhart. Der 43 Jahre alte Journalist wurde fünf Mal für den Pulitzer-Preis nominiert. Er berichtete aus Krisengebieten wie dem Nahen Osten oder Afghanistan. Im Jänner hatte er seinen Job bei der Zeitung gekündigt, nachdem er Redakteuren gegenüber zugegeben hatte, sie getäuscht zu haben. Er beharre aber nach wie vor darauf, nicht Falsches getan zu haben. "Ich habe das Gefühl, ich werde hereingelegt", soll er zu Kollegen gesagt haben.

"Wir haben als Institution unseren Lesern gegenüber versagt, weil wir Jack Kelleys Probleme nicht bemerkt haben. Dafür entschuldige ich mich", sagte Herausgeber Craig Moon. "In Zukunft werden wir sicherstellen, dass eine Umgebung gewährleistet ist, in der solch ein Missbrauch nie wieder vorkommt." (APA)