Das abgelutschte Klischee vom Designer als "Hübschmacher" geht Adam Wehsely-Swiczinsky ordentlich auf die Nerven. Der junge Mann mit dem schwierig zu schreibenden Namen will nichts beschönigen. Was stylish genannt wird, ist ihm "wurscht", das Unelitäre reizt ihn. Am Auftrag, etwas zu gestalten, interessiert den Industriedesigner das Ausloten von Grenzen, der komplexen Rahmenbedingungen. Und - es taugt dem Designer, seine Objekte millionenfach benutzt zu wissen. Logo.
Der Designer sei mehr als der viel zitierte "Anwalt des End-
abnehmers", er müsse auch ein Mediator sein, er trage Verantwortung, schließlich beeinflusst er mehr oder weniger auch das Leben der Verbraucher.


Tyrolia Skibindung SL100

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Ohne umfangreiche Gespräche mit Ingenieuren, Managern, Fabriksarbeitern, Leuten vom Marketing und anderen gehe gar nichts. "Wenn die Kommunikation funktioniert", so Wehsely-Swiczinsky, "dann schaut am Ende für alle Beteiligten etwas raus, was man sich vorher nicht vorstellen konnte." Rausgeschaut haben bei dem 1971 geborenen Absolventen der Universität für angewandte Kunst vor allem Skibindungen, Snowboardbindungen, Snowboard-
schuhe, Ski, Aufsteckblitze für Kameras, Gitarren, Möbel, aber auch diverse Interieur-Entwürfe. Seine Auftraggeber heißen Tyrolia, Fischer, Head, Elan, die Wiener Jugendzentren, Lomographic Society und andere.


Aufsteckblitz für die LOMO LC-A Kamera

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Und warum schaut eine Bindung so aus, wie sie nach all den Besprechungen, den Renderings und Modellen halt ausschaut? Für Adam Wehsely-Swiczinsky, der sich am Tag nach Beendigung seines Studiums bei Tyrolia, HTM Sport- & Freizeitgeräte in Schwechat beworben hatte und auch flugs engagiert wurde, bedeutet der weitläufige Begriff Design in erster Linie Prozess. Ein kreativer Prozess, der beeinflusst wird von Pflichtenheften, von Kostendruck, von unendlich vielen technischen Ebenen, zum Beispiel von Dingen wie so genannten Farbseparationszeichnungen.


Skibindung LD12

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"Da hab' ich mich ordentlich reinknien müssen", erinnert sich Wehsely-Swiczinsky gut an sein erstes halbes Jahr im Business und meint, "erst danach konnte ich mich ruhigen Gewissens Industriedesigner nennen." Und dennoch, ist sich der Gestalter sicher, "bleibt der Stellenwert des Entwurfs der höchste. Wenn ich einen Turm aus Legosteinen baue, sind die Steine und die Statik unerlässlich. Der Entwurf ergibt sich im Prozess. Da wird nichts reingepresst", meint Wehsely-Swiczinsky, der auch nicht an die zündende Idee an sich glaubt, sondern das Entwerfen lieber als eine Art Komponieren versteht.


Avalanche Snowboardboot

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Den fixen Job bei Tyrolia tauschte er, nachdem vor zwei Jahren sein Sohn geboren wurde, gegen eine freie strategische Partnerschaft mit dem Unternehmen. Sein Ein-Mann-Büro "aws design", das er je nach Auftragslage um ein bis zwei freie Partner erweitert, lukriert seine Jobs vor allem über Mundpropaganda. Sich einen eigenen Namen als Designer zu machen war dem Gestalter auch aus einem anderen Grund wichtig.


Snowboardbindung Step-x4 Highback

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Er wollte um keinen Preis von den Kontakten seines Vaters, Helmut Swiczinsky, "Hälfte" des weltweit agierenden Architekturbüros Coop Himmelb(l)au profitieren. "Ich hütete mich immer davor, in dieses Fahrwasser zu kommen", begründet Adam Wehsely-Swiczinsky auch seine anfängliche Berührungsangst mit dem Gebiet der Innenarchitektur. Mittlerweile wird auch in dieser Sparte fest zugepackt, und es gibt sogar gemeinsame Projekte mit dem Vater.


Kultur unter der Brücke

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Am allerliebsten aber würde er neue Saiten im Gitarrenbau aufziehen. Ja, das wäre sein Traumauftrag - eine günstige Supergitarre. "Das ist so unglaublich spannend, weil du erst in dem Moment weißt, was rauskommt, wenn das Ding zum ersten Mal was von sich hören lässt. Ich kenn' keine andere Kategorie, bei der eine derart emotionale Funktion mit ihm Spiel ist. Es ist alles nur abschätzbar." Leider sei die Branche eine sehr konservative, aber das Potenzial, das hier zum Klingen gebracht werden könnte, das imponiert dem selbst Gitarre spielenden Designer.


akustische Gitarre "Mada"

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Für neue Töne möchte er aber auch in der heimischen Gestalterszene sorgen: Als Lehrbeauftragter fand der gelernte Tischler wieder zurück zu seiner Universität, genauer gesagt in die Meisterklasse von Designer Borek Sipek. Und da liegt es natürlich auch nahe, mit dem Designer ein wenig über die Situation anderer junger Gestalter zu parlieren.


Innenausbau Jugendzentrum

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Das kreative Potenzial in Österreich könne mit dem anderer Länder locker mithalten, ist sich der Beobachter der europäischen Designszene sicher. Das österreichische Problem ortet er in "vielleicht ein bissi zu wenig Selbstbewusstsein", in seiner Rolle als Zuliefer-Industrie-Land und in der mangelhaften Kommunikation der Ausbildungsstätten. Dass sich letzterer Umstand bessert, daran arbeitet auch Adam Wehsely-Swiczinsky im Rahmen einer Plattform an der Angewandten.


modulares Möbelsystem

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Ebenso müssten die kleinen Design-Initiativen unter einen Hut gebracht werden, und endlich ein zentrales Organ her, ein Sprachrohr im Sinne eines Kompetenzzentrums, das verstärkt Lobbyarbeit betreibt. Wehsely-Swiczinsky lässt im Gespräch durchaus missionarisch ambitionierte Züge in Sachen heimisches Design erkennen, und das kommt, über welche Kanäle auch immer, letztendlich allen Nutznießern mehr oder weniger alltäglicher Gegenstände zugute. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/19/03/2004)

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Volkshilfe Beschäftigungsinitiative MERIT

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