Am Podium (v.li.): Außenministerin Benita Ferrero- Waldner und Frauenministerin Maria Rauch-Kallat...
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...Beatrice Achaleke, Obfrau des Vereins "Schwarze Frauen" und Tamar Citak, Interventionsstelle Wien...
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...Moderatorin Jasmin Dolati und Buchautorin Sabatina James.
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Was bewegt in Österreich lebende junge Frauen der zweiten Generation aus anderen Kulturkreisen? Womit identifizieren sie sich? Was sind ihre Probleme und täglichen Konflikte? Diese Themen sorgten bei einer Podiumsdiskussion am Internationalen Frauentag für Zündstoff. Gastgeberin war das Frauenministerium in Kooperation mit dieStandard.at, das Interesse und die Beteiligung groß.

In Traditionen gefangen

Fazit ist, dass sich viele Frauen der zweiten Generation von der ersten unterdrückt fühlen und kaum Raum haben, sich frei zu entfalten. Aufgewachsen in der westlichen Welt, aber eingebettet in die Kultur ihrer Familie, deren/ihres Herkunftslandes haben viele auch Probleme, ihre Wurzeln zu finden, für sich herauszufinden, welcher Kultur sie sich nun zugehörig fühlen. Die jungen Frauen wollen nicht wie ihre Mütter sein, sehen sich aber in den Traditionen und dem starren Kulturbegriff ihrer Familie gefangen. Und es stellte sich in der Diskussion die Frage, welche Rahmenbedingungen Integration braucht, um funktionieren zu können.

Problem Zwangsheirat

Tamar Citak von der Interventionsstelle Wien sieht ein großes Problem für Frauen der zweiten Generation etwa in der Zwangsheirat. Das sei ein sehr individuelles Problem; die Mädchen seien oft sehr hilflos und wüssten nicht, an wen sie sich in dieser Situation wenden sollen, es gebe einfach zu wenig Anlaufstellen. Außerdem käme auch hier die unmittelbare Bedrohung durch die Familie hinzu, ein sehr heikles Thema also. Citak fordert deshalb die Schaffung einer entsprechenden Schutzeinrichtung. Auch eine Familienberatungsstelle, in der das Problem gemeinsam mit den Eltern angegangen werden kann, wäre ihr ein großes Anliegen. Der einzig wirklich wirksame Weg für die jungen Frauen, ihrer Situation zu entkommen, sei im Moment, so rasch wie möglich eine eigene Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten.

Hilfe gesucht

Für eine Ansprechstelle oder Hilfseinrichtung für Mädchen und Frauen der zweiten Generation plädierte auch die Buchautorin und Betroffene Sabatina James, die selbst vor einer Zwangsheirat mit einem Cousin in Pakistan geflüchtet ist und vom Islam zum Christentum konvertierte, wofür ihr die Todesstrafe droht. Die Ehre sei muslimischen Eltern oft wichtiger als die eigene Tochter. Und auch, wenn es um Integration gehe, stünden den jungen Frauen die Eltern und die Traditionen oft im Weg. Seit sie ihr Buch über ihr Schicksal veröffentlicht hat, bekommt sie laufend Hilferufe von jungen Migrantinnen: „Das Reden mit der ersten Generation funktioniert nicht; die Mädchen brauchen wirklich Hilfe von außen und ich hoffe, dass bald etwas entsprechendes für sie zustande kommt.“

Initiative in Europa setzen

Frauenministerin Maria Rauch-Kallat versprach, sich des Themas anzunehmen. Zwangsverheiratung sei wahrscheinlich kein ausschließlich österreichisches Problem, als Vizepräsidentin der europäischen Frauenunion wolle sie deshalb versuchen, auf europäischer Ebene darauf aufmerksam zu machen, damit entsprechende Initiativen gesetzt werden, denn: „Das ist ein Thema, das wie kein anderes mit der Selbstbestimmung der Frauen und mit Menschenrechten zu tun hat.“ Zum Thema Integration meinte Rauch-Kallat, dass sie ein Prozess sei, „der nie abgeschlossen ist, daher immer von neuem beginnt und nur von zwei Seiten funktionieren kann.“ Sie machte in diesem Zusammenhang auch auf die neu eingerichtete Abteilung für Frauenservice und Integration von Migrantinnen im Frauenministerium aufmerksam. Wichtig sei ihrer Meinung nach für die jungen Frauen, ihre Wurzeln nicht zu verleugnen und sich die Kultur ihres Herkunftslandes zu bewahren.

"Schwäche" zu Stärke machen

Beatrice Achaleke, Obfrau des Vereins „Schwarze Frauen – Community für Selbsthilfe und Frieden“ sieht gerade darin auch eine große Chance für die junge Migrantinnen-Generation: „Diese Frauen haben ein großes Potential durch ihre kulturelle Vielfalt und es liegt an ihnen, es zu zeigen und an Österreich, es zu akzeptieren.“ Sie müssten sich Raum nehmen, ihre Wünsche nach außen tragen und dürften nicht in die Rolle des Opfers fallen, sondern im Gegenteil, versuchen, aus ihrer „Schwäche“ eine Stärke zu machen. Wichtig sei, dass die jungen Frauen sich dabei gegenseitig unterstützen. Integration dürfe aber keinesfalls eine „einseitige Anpassungsforderung“ sein, sondern sie müsse Raum bieten, „die neue Kultur annehmen zu können, ohne die eigene gleich zu verlieren“. (isa)